Stichtag

16. November 2006 - Vor 5 Jahren: Gerhard Schröder gewinnt Vertrauensfrage

"Die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands" verspricht Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Wenige Wochen später beginnen die Vereinigten Staaten ihren Krieg gegen den internationalen Terrorismus und die Taliban in Afghanistan. Dort soll sich Osama Bin Laden, der mutmaßliche Drahtzieher der Attentate auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington, aufhalten. Nachdem die Nato den so genannten Bündnisfall feststellt, bittet Amerika auch die Bundesregierung um militärische Unterstützung. Angefordert werden 3.900 Soldaten für Afghanistan, die arabische Halbinsel und die Schiffe zur Sicherung der Seewege vor dem Horn von Afrika. Dem Einsatz der Bundeswehr im Ausland muss jedoch zuerst der Bundestag zustimmen. So sieht es die deutsche Verfassung vor.

In Schröders rot-grüner Koalition gibt es allerdings Bedenken gegen einen Auslandseinsatz: Die Zweifel seien darin begründet, dass Deutschland Teil "einer offensiven Kriegsstrategie" werde, sagt die Grüne Antje Vollmer. Ihr Parteifreund Fritz Kuhn mahnt eine "kritische Solidarität" an - "unter Beschränkung der Risiken und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Mittel". Acht Abweichler der Grünen und zwei SPD-Abgeordnete drohen, ihre Zustimmung zu verweigern. Die Bundestagsmehrheit für den Bundeswehreinsatz steht zwar außer Frage, da Union und FDP ihn befürworten. Aber Schröder will eine eigene Mehrheit und keine Legitimation mit "Leihstimmen" der Opposition. Er verknüpft deshalb die Zustimmung zum Bundeswehrmandat mit der Vertrauensfrage. Die Koalition muss sich zwischen Kriegsbeteiligung und Neuwahlen entscheiden.

Um die nötige Mehrheit zu bekommen, führt Schröder in der eigenen Partei und mit den Grünen viele Gespräche - und setzt sich durch: Bei der Entscheidung am 16. November 2001 stimmen 336 Abgeordnete für ihn, zwei mehr, als für die absolute Mehrheit erforderlich sind. Bei der SPD gibt es keine Gegenstimmen. Allerdings ist die Abgeordnete Christa Lörcher unmittelbar vor der Abstimmung aus der Partei ausgetreten und stimmt als Fraktionslose mit Nein. Die acht grünen Abgeordneten, die sich auf eine Ablehnung festgelegt haben, sind zwar alle gegen den Bundeswehreinsatz, aber auch für eine Fortsetzung der Koalition. Um diesem Dilemma zu entkommen, habe sie verabredet, dass nur vier gegen Schröder stimmen: Hans-Christian Ströbele, Annelie Buntenbach, Christian Simmert und Winfried Hermann. Rot-grün bleibt an der Macht.

Stand: 16.11.06