Alexander Lasukin sieht die Katastrophe 1997 auf sich zuschweben. "Wie ein Hai beim Angriff" habe das Versorgungsschiff "Progress" ausgesehen, gibt der Astronaut später zu Protokoll. Dann spürt er einen Schlag, der die russische Raumstation MIR erschüttert. "Zum ersten Mal erlebte ich völlige Ruhe auf der Station, kein Ventilator bewegte sich, kein Licht brannte, nichts geschah", beschreibt Lasukins Kollege Michael Foal den Schock: "Nur unser Atem durchbrach die Stille." Der vermeindliche Frieden auf der MIR aber ist trügerisch. Mit zerstörten Solarpanels und aufgeschlitzten Modulen taumelt Russlands Stolz durchs All. Nach dem Brand an Bord vor wenigen Wochen ist dies bereits der zweite Unfall.Für den Westen ist die MIR längst nur noch ein Haufen Schrott im All. "Unsere MIR kann noch viel leisten", betont hingegen Präsident Boris Jelzin, "zum Beispiel Video-Überwachung von U-Booten der Amerikaner und anderer Länder." Ein Wunschtraum ist das, der der Vergangenheit der Raumstation verpflichtet ist. Denn am Anfang hatte alles nach einem endlosen Triumph russischer Technik über die des Konkurrenten USA ausgesehen. Vier Wochen nach der Challenger-Katastrophe, am 20. Februar 1986, hebt das Basismodul der MIR ohne Probleme in den kasachischen Himmel ab. 15 Jahre Forschungsarbeit kreisen seitdem im Orbit. Den USA bleibt nichts als Staunen.
Bei ihrer Weltraumexpedition verfolgen die Russen ein völlig anderes Konzept als die NASA, ein überaus erfolgversprechendes zudem. Denn bei der MIR werden Flug und Aufenthalt strickt getrennt. Geflogen wird in bequemen "Sojus"-Kapseln, die an die Raumstation andocken. Die Versorgung übernehmen "Progress"-Raumschiffe. Aufenthaltsort ist die fest installierten Station im All. So sind weitaus längere Versuche möglich, die zudem beliebig oft unter den gleichen Bedingungen wiederholt werden können. Trotzdem kann der 135-Tonnen-Koloss nicht auf revolutionäre Erkenntnisse zurückblicken, als er 2001 endgültig der internationalen Raumstation ISS Platz machen muss und in der Erdatmosphäre verglüht. Dazu fehlt es an moderner Computertechnik.Stand: 20.02.06