Die Frau von Juri Gagarin weiß, dass ihr Mann auserkoren wurde, als erster Mensch ins All zu fliegen. Wann Gagarin allerdings starten soll, weiß sie nicht. Die Geheimhaltung der obersten Sowjets schließt auch die nächsten Verwandten des Kosmonauten ein. Am 12. April 1961 ist es dann so weit. In der Nacht zuvor hat Chefkonstrukteur Koroljow noch einmal den Zustand der 50 Meter hohen Rakete überprüft. An Bord befindet sich eine Notfallausrüstung - ein Kompass und ein tragbares Funkgerät, ein Schlauchboot für eine mögliche Wasserlandung nebst Angelzeug. Und Kosmonautennahrung für zehn Tage, falls die Landung nicht klappen sollte. Denn die Chancen einer glücklichen Rückkehr beziffern Experten mit 50 Prozent.Es geht alles gut. Mit 20 Millionen PS durchbricht die Wostok-Rakete die Atmosphäre. Das Dröhnen der Motoren erscheint Gagarin wie "eine Vielzahl neuer musikalischer Nuancen und Timbres, die noch kein Komponist auf Notenpapier niedergeschrieben hat". Vom Weltraum aus funkt er unverschlüsselt Koordinaten, die nicht nur der Heimat gelten, sondern auch den zu Zuschauern degradierten USA. Einmal im All, muss Gagarin fast nichts mehr tun. Er ist nur Passagier und darf gebannt in der Erdumlaufbahn auf den blauen Planeten schauen. "Der blaue Planet" - diese Formulierung ist Gagarins Erfindung.
Fast kommt es zur Katastrophe, als sich beim Eintritt in die Erdatmosphäre eine Steckverbindung nicht löst. Aber auch da hat Gagarin Glück. Die Steckverbindung schmilzt beim Eintritt in die Erdatmosphäre. In mehreren tausend Metern Höhe wird Gagarin aus der Kapsel geschleudert und schwebt am Fallschirm auf einen russischen Kartoffelacker. Nach 108 Minuten im All wird aus dem nur 1,70 Meter großen Bauernsohn und Kampfjetflieger ein "Held der Sowjetunion". Er wird es, anders als manche bei den Sowjets später in Ungnade gefallenen Helden, bis an sein Lebensende bleiben. 1968 kommt er im Alter von nur 34 Jahren bei einem Routineflug mit einer MIG 15 ums Leben.Stand: 12.04.06