Was ein richtiger Champagner ist, muss aus den Trauben Pinot Noir, Chardonnay und Pinot Meunier gekeltert sein. Er muss lange Monate in kühlen Kreidefels-Stollen lagern. Schließlich wird er wochenlang leicht geschüttelt, damit die trübe Hefe sich absetzt - das allerdings erst, seit die Winzerin Nicole-Barbe Ponsardin dieses Verfahren Anfang des 19. Jahrhunderts erfand. Und ein Champagner muss - natürlich - aus der Champagne kommen.Aber wo beginnt und wo endet die Region um Reims? Die Leute am Fluss Aube rechnen sich jedenfalls noch dazu und verkaufen ihren Schaumwein, den sie nach Champagner-Art herstellen, auch unter dem Namen "Champagner". Das wollen sich die Winzer des Kerngebiets nicht gefallen lassen. Schließlich leben sie von der Exklusivität ihres Produkts. Sie erwirken 1908 ein Dekret aus Paris, nach dem Sekt aus Aube nicht Champagner heißen darf. Als daraus 1911 sogar ein Gesetz wird, kommt es zum Winzeraufstand im Departement Aube. Es gibt regelrechte Straßenschlachten mit mehreren Toten. Die Armee muss eingreifen. Am 7. Juni 1911 gibt die Regierung nach und ändert das Gesetz: Aube gilt jetzt als "deuxième zone", darf also "Champagner zweiter Klasse" deklarieren.
Aber kann es etwas Erstklassiges zweiter Klasse geben? Die Winzer der Aube lehnen die Regelung weiterhin ab und kämpfen hartnäckig gegen ihren Ausschluss aus dem exklusiven Champagner-Club. Schließlich wächst der Markt für das edle Getränk. Längst ist es nicht mehr nur für Fürsten da, wie einst für den Champagner -Liebhaber August den Starken von Sachsen, für Edward VII. von England, der tatsächlich in Champagner gebadet haben soll, oder für Friedrich II. von Preußen, der angeblich zwei Flaschen pro Tag trank und sich seinen Kaffee mit Rosé-Champagner aufbrühen ließ. Champagner auch fürs Bügertum: Da braucht man mehr und so wird der Aube-Champagner schließlich 1927 gleichberechtigt. Sonst wären die inzwischen 300 Millionen Flaschen pro Jahr wohl auch kaum zu produzieren.
Stand: 07.06.06