Vieles hat "der Alte" versucht, um seinen ungeliebten, in der Bevölkerung aber beliebten Wirtschaftsminister als Nachfolger zu verhindern: 1959 schlägt Konrad Adenauer Ludwig Erhard gegen dessen Willen als Bundespräsident vor, um ihn los zu werden. Aber Erhard lehnt ab. Als die CDU bei den Wahlen 1961 ihre absolute Mehrheit verliert, muss Adenauer seinen Rückzug aus dem Amt ankündigen. Das ist die Bedingung der FDP für ihren Eintritt in die Regierung. So wird Ludwig Ehrhard 1963 im Bundestag zum Kanzler gewählt. Wenige Wochen zuvor ist der parteilose Wirtschaftsfachmann erst in die CDU eingetreten. Die hat zuvor lange verheimlicht, dass ihr populärer Minister parteilos ist. Adenauer bleibt jedoch Parteivorsitzender.Bei den Bundestagswahlen 1965 verteidigt Ludwig Erhard die Regierungsmehrheit. Der Erfolg stärkt zunächst seine Position in der eigenen Partei. Gleichzeitig verunsichert eine erste Wirtschaftskrise die durch das Wirtschaftswunder verwöhnte Republik. Erhard predigt "Sparsamkeit und Nüchternheit". Seine zurückhaltende Wirtschaftspolitik scheint vielen in der CDU zu wenig, sie halten Erhard als Kanzler für zu schwach. So kommt es zu einer paradoxen Situation: Während Erhard auf dem Bonner Parteitag der CDU am 23. März 1966 zum Vorsitzenden gewählt wird, verhandeln einflussreiche Parteifunktionäre hinter seinem Rücken schon mit der SPD. Eine große Koalition liegt in der Luft. Mit dem wirtschaftsliberalen Erhard ist sie nicht zu machen. Erhard hat schon 1946 Widerstandskreisen seine Vorschläge für eine liberale Wirtschaftsordnung nach dem Krieg vorgelegt. 1948 hat er für die Alliierten die Währungsreform geplant. Er ist ein Sachpolitiker, dem Machterhalt um jeden Preis nicht liegt.Erhards später Triumph über seinen Rivalen und Vorgänger Adenauer währt also nicht lange. Im September 1966 treten die FDP-Minister in der Koalition zurück, im November entscheidet sich die CDU für Kurt Georg Kiesinger als Kanzlerkandidaten. Am 1. Dezember tritt Kanzler Erhard zurück und macht den Weg frei für die Koalition mit der SPD. 1967 verliert er auch den Parteivorsitz, nach nur einem Jahr.
Erhard bleibt Bundestagsabgeordneter und erzielt als Spitzenkandidat der CDU in Baden-Württemberg gute Wahlergebnisse. Als Alterspräsident des Parlaments und "Vater der Marktwirtschaft" wird er geehrt, Macht hat er keine mehr. Erhard stirbt am 5. Mai 1977 in Bonn an Herzversagen, drei Monate nach seinem 80. Geburtstag.Stand: 23.03.06