"Ich habe mich in den Jahren meiner Talkshow (...) vor jeder Sendung erbrochen, aus Nervosität, Lampenfieber und aus Ekel vor den Weisheiten und Lobhudeleien meiner Gäste", schreibt Dietmar Schönherr in seinem autobiographischen Roman "Sternloser Himmel". Darin schildert er Teile seines Lebensweges als Geschichte zweier Freunde, die wie Brüder aufwachsen. Daniel wird Moderator und Schauspieler, David wirkt im Hintergrund. Eines Tages bricht Daniel mit seinem bisherigen Leben und rechnet ab: "Die meisten Gäste hatten keinerlei Lücken in ihrer Unbildung und nicht die Spur einer Hemmung, wenn sie meinten, sich in Szene setzen zu müssen."
Dietmar Schönherr, dessen Vorfahren den Adelstitel "Edler von Schönleiten" trugen, wird am 17. Mai 1926 als Sohn eines Generals in Innsbruck geboren. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zieht die Familie nach Potsdam, wo Dietmar das Notabitur macht und eine Schauspielausbildung absolviert. 1943 steht er im NS-Propagandafilm "Junge Adler" erstmals vor der Kamera. Anschließend geht er zur Wehrmacht, wo er Offizier wird. Nach dem Krieg schlägt er sich zunächst als Landarbeiter durch. Danach arbeitet er als Sprecher, Regisseur und Redakteur beim Österreichischen Rundfunk und beim WDR. Er synchronisiert Hollywood-Größen wie James Dean und Sidney Poitier. Als Schauspieler tritt er auf der Bühne, im Film und im Fernsehen auf. In der Science-Fiction-Serie "Raumpatrouille" spielt er Commander Cliff Alister McLane des Raumschiffs Orion. Bei den Dreharbeiten lernt er seinen Freund Wolfgang Völz kennen, der ihn als "Revoluzzer" beschreibt: "Ich habe erlebt, wie er einen Produzenten in der Kantine mit Fußtritten vor sich hergejagt hat. Ich mag das gerne. Er ist ein sehr fairer Mann, bei allem Jähzorn."
Ab 1970 moderiert Schönherr zusammen mit seiner dänischen Ehefrau Vivi Bach die ZDF-Spielshow "Wünsch Dir was". Die erste Familiensendung mit Skandal-Qualitäten: Eine Kandidatin trägt eine durchsichtige Bluse. Eine andere muss mit ihrer Familie von Tauchern befreit werden, als die Türe eines im Wasser versenkten Autos klemmt. 1973 führt Schönherr mit der WDR-Produktion "Je später der Abend" den Begriff Talkshow im deutschen Fernsehen ein. Anfang der 80er Jahre sorgt Schönherr vor allem durch sein politisches Engagement für Schlagzeilen. Im Schweizer Fernsehen nennt er US-Präsident Ronald Reagan ein "Arschloch" und verliert seinen Job als Moderator. Schönherr schließt sich der Friedensbewegung an und blockiert in Mutlangen das mit Pershing-II-Raketen bestückte Atomwaffen-Depot der Nato: "Das war eine große solidarische Bewegung, bei der man die wunderbarsten Leute traf: von Heinrich Böll angefangen bis Helmut Gollwitzer, Walter Jens und wie sie alle hießen." Daraus entsteht Schönherrs Engagement für Nicaragua als Entwicklungshelfer. 1985 gründet er die Organisation "Hilfe zur Selbsthilfe", die mittlerweile "Pan y Arte" (Brot und Kunst) heißt. Auf die Frage eines Reporters, was in seinem Leben wirklich von Bedeutung sei, antwortet Schönherr im März 2006: "Nicaragua". Einige Zigarettenzüge später noch: "Mutlangen". Und schließlich: "Das, nur das."
Stand: 17.05.06