Steffi Graf hat Angst vor ihm. Sonny und Cher geben für seine Sendung ein kurzes Comeback. Madonna überreicht ihm vor laufender Kamera ihren Slip. So anzüglich sind die Antworten des Pop-Stars, die sie dem US-amerikanischen Late-Night-Talker David Letterman gibt, dass dessen Haussender CBS glaubt, sie zensieren zu müssen. Dabei war auch Letterman bei der Vorstellung seines Gastes nicht gerade zimperlich. "Unser erster Gast ist einer der größten Weltstars überhaupt", hatte er wenige Minuten zuvor schmeichelnd begonnenen, um sich langsam zur pointierten Spitze vorzuarbeiten. "In den vergangenen zehn Jahren hat sie über 80 Millionen Platten verkauft, spielte die Hauptrolle in unzähligen Filmen - und hat mit einigen der Größten in der Unterhaltungsindustrie geschlafen."
Letterman wird 1947 in Indianapolis (Indiana) geboren. Seine Karriere als Satiriker beginnt er ausgerechnet mit Wettersendungen im Lokalfernsehen: Hier erfindet er sintflutartige Überschwemmungen in fiktiven Städten und sagt verheerende Stürme mit Hagelkörnern in "Fleischdosengröße" voraus. Zudem jobbt er als Fernsehansager und Stand-Up-Comedian in Hollywood. Am 1. Februar 1982 bekommt er mit "Late Night with David Letterman" beim Sender NBC zu vorgerückter Stunde seine eigene TV-Show im Anschluss an die Talkrunde des legendären Johnny Carson. Als Carson 1992 aufhört, hofft Letterman, dessen Sendeplatz zu ergattern. Aber der Sender entscheidet sich für den konservativeren Jay Lenno, der in den Provinzgegenden der USA besser ankommt. Kurzerhand wechselt Letterman für 14 Millionen Dollar zum Konkurrenzsender CBS, um seine Late-Night-Show um 22:30 Uhr - zur gleichen Zeit wie Lenno - auszustrahlen. Seitdem liefern sich die Talker erbitterte Duelle um die Einschaltquoten. Zumeist hat Letterman, laut CBS-Eigenwerbung der "lustigste Mann Amerikas", die Nase vorn.
Mit seiner Late-Night-Show bestimmt Letterman fortan den Takt für alle Sendungen dieser Art weltweit: Ein bissiger Stand-Up-Monolog kommentiert die neuesten Nachrichten, am Schreibtisch wird das teils hämische Gag-Feuerwerk fortgesetzt. Am Ende folgt ein satirischer Small-Talk mit prominenten Gästen. Dazwischen gibt es eingespielte Sketche, diverse Comedy-Einlagen und Live-Musik. Charakteristisch aber "ist vor allem die Anfangs-Conference", meint auch Harald Schmidt, der es als einziger geschafft hat, das Format auch in Deutschland zu etablieren. "Das kann man meiner Meinung nach nur rüberbringen, wenn man die Erfahrung hat von der Kabarett-Bühne, vor allem, wenn es darum geht, dünnes Material, dünne Witze zu verkaufen." Wie Schmidt, so beherrscht auch sein Vorbild Letterman diese Kunst. Heute verdient er pro Jahr über 30 Millionen Dollar.
Stand: 01.02.07