Kaum ein Komponist ist zu Lebzeiten so gefeiert, nach seinem Tod aber so schnell und gründlich missverstanden worden wie Joseph Haydn. Wie kein zweiter verkörpert er die Epoche der "Wiener Klassik" und wirkt für die Sinfonie und das Streichquartett stilbildend. Beide erhalten durch Haydn ihre klassische Form, an der sich alle Komponisten bis heute, bewusst oder unbewusst, orientieren. Seine direkten musikalischen Nachkommen allerdings interpretieren die scheinbare Einfachheit der musikalischen Sprache Haydns als überwundenes Entwicklungsstadium. So schreibt Robert Schumann 1841: "Er ist wie ein gewohnter Hausfreund, der immer gern empfangen wird; tieferes Interesse hat er für die Jetztzeit nicht mehr."
Untrennbar verbunden ist Joseph Haydns Name mit Eisenstadt, der Hauptstadt des österreichischen Burgenlandes. Drei Jahrzehnte wirkt der am 31. März 1732 in Rohrau geborene Sohn eines Wagenbauers als Kompositeur und Kapellmeister am Hof der Fürsten Esterhazy, der reichsten ungarischen Adelsfamilie in der k.u.k.-Monarchie. 1761, mit 29 Jahren, tritt Haydn seine Lebensstellung an. Seinen prächtigen Dienstsitz, das Jagdschloss Esterhaza, verlässt er in all den Jahren nur, um im Winter für zwei, drei Monate nach Wien zu reisen. Immer wieder nimmt Haydn dort ungläubig zur Kenntnis, wie sein Ruhm sich über Europa ausbreitet. In Wien entwickelt sich auch eine enge Freundschaft mit Wolfgang Amadeus Mozart, der den Älteren voller Hochachtung "Papa Haydn" zu nennen pflegt.
1790 stirbt Haydns Gönner, Fürst Nikolaus I.; dessen Nachfolger zahlt zwar weiter das Salär des Hofkapellmeisters, löst aber das Orchester auf. Diese Situation nutzt der Londoner Konzertveranstalter Johann Peter Salomon, um Haydn in die britische Hauptstadt zu locken. Auf die erste Reise folgt eine zweite und die mehrmonatigen London-Aufenthalte entwickeln sich zum Gipfel von Haydns sinfonischem Schaffen. Haydn selbst zählt die Londoner Zeit mit zur glücklichsten seines Lebens. 1797 wird der berühmteste Komponist seiner Zeit beauftragt, eine Hymne für Österreichs Kaiser Franz zu schreiben. Zum Text "Gott erhalte Franz den Kaiser" entsteht die Melodie, die später zur deutschen Nationalhymne wird. Kreativ bis zuletzt, stirbt Joseph Haydn nach langer Krankheit am 31. Mai 1809 in Wien. Napoleon, der die Stadt am Vorabend besetzt hat, lässt eine Ehrenwache vor dem Wohnhaus des von ihm hochgeschätzten Komponisten aufziehen.
Stand: 31.03.07