Orange leuchtet die Fassade, blau sind die Fensterrahmen. Oben aus dem Dachgarten lugen Baumwipfel über die Dachrinne. An der Eingangstür steht eine Klingelsäule mit Namensschildern. Es gibt 23 Appartements, die sich auf fünf Etagen verteilen. Manchmal klingeln Passanten und fragen nach freien Wohnungen. Vergeblich: Das Haus in der Reichenberger Straße 129 in Berlin-Kreuzberg ist Deutschlands erstes Hospiz für AIDS-Kranke. Eröffnet wurde das Gebäude am 5. Juli 1999 von der damaligen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne): "Eigentlich strahlt dieses Haus von den Farben her unbedingten Lebenswillen und Lebensfreude aus. Ich mag, dass einfach gesagt wird, wir stellen uns der Tatsache, dass wir vielleicht bald sterben müssen, aber warum sollen wir nicht die Zeit davor ganz stark genießen und für uns nutzen."Betrieben wird das Hospiz von der gemeinnützigen Gesellschaft "Zuhause im Kiez" (ZIK), die sich auch um die Finanzierung gekümmert hat. "Das Projekt hat zwölf Millionen Mark gekostet", sagt Geschäftsführer Christian Thomes. Vier Millionen Mark davon seien durch den sozialen Wohnungsbau gefördert worden. Der Rest sei über Spenden zusammengekommen. "Das war ein mühsames Unterfangen."
Von der Idee bis zur Eröffnung vergehen sieben Jahre. Zunächst wird der Neubau als Ort zum Sterben geplant. Durch die Entwicklung wirkungsvollerer Medikamente verlängert sich die Lebenserwartung der Aids-Patienten und das Betreuungskonzept muss komplett überarbeitet werden. Die Bewohner werden nicht nur medizinisch betreut, sie erhalten auch psychologische und soziale Hilfe. Manche von ihnen sind noch immer drogenabhängig, andere sind Epileptiker, haben Wahnvorstellungen oder Depressionen. Etwa ein Drittel der Bewohner wechselt pro Jahr wieder in eine eigene Wohnung mit weniger oder keiner Betreuung, wenn sich der Gesundheitszustand stabilisiert. Gestorben sind im Haus in der Reichenberger Straße bisher 21 AIDS-Kranke.
Stand: 05.07.04