In Bonn gehen täglich viele Menschen am Haus in der Quantiusstraße 13 vorbei. Kaum jemand wirft einen Blick auf die Tafel am Eingang: "In diesem Hause wohnte Heinrich Hertz, der die Grundlagen der Funktechnik schuf." Radio, Fernsehen, Radar und Mobilfunk, Halbleitertechnik und Radioastronomie – ohne den Entdecker der elektromagnetischen Wellen wäre daraus nichts geworden. Nachdem 1888 seine bahnbrechenden Versuchen bekannt werden, reißen sich die besten Universitäten Europas um ihn. Hertz entscheidet sich für Bonn, weil er glaubt, in der Ruhe der rheinischen Provinzstadt am ehesten ungestört weiterforschen zu können. Doch dem erst 31-jährigen Star-Physiker bleibt nur noch wenig Zeit. Etliche Krankheiten machen ihm zu schaffen. Zu hartnäckigen Nasen- und Ohrenentzündungen kommen Kiefer- und Knochenleiden. Am Neujahrstag 1894 stirbt Heinrich Hertz an einer Blutvergiftung.
Das Meiste über den Menschen Heinrich Hertz weiß man aus seinen Tagebüchern und den Briefen, die er an seine Eltern geschrieben hat. Vater Ferdinand war ein angesehener Anwalt in Hamburg, wo Heinrich am 22. Februar 1857 als erstes von fünf Kindern geboren wird. Seine Mutter Anna erkennt früh die vielfältigen Begabungen ihres Sohnes. Zum Abitur werden Heinrich ein "sicheres Gedächtnis und scharfe Logik, sowohl für reales wie abstraktes Denken" attestiert. Im Herbst 1877 beginnt Hertz bei Hermann von Helmholtz in Berlin sein Physikstudium und legt nach nur fünf Semestern seine Doktorarbeit "Ueber die Induction in rotirenden Kugeln" vor.
Helmholtz fordert seinen Assistenten Hertz auf, die kühnste Theorie der Physikerzunft jener Zeit auf ihre Tauglichkeit zu untersuchen. 1865 hatte der Engländer James Maxwell die unerhörte Auffassung vertreten, dass ein fließender elektrischer Strom in seiner Umgebung ein elektrisches Feld hervorrufe, dieses wieder ein zweites "und so fort ad infinitum". Den Beweis dafür blieb Maxwell ebenso schuldig wie für seine Folgerung, dass sich die so entstehende Wellenbewegung mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. 20 Jahre später gelingt Hertz, inzwischen Professor für Physik an der Technischen Universität Karlsruhe, die Sensation: In einem inzwischen klassischen Experiment weist er die von Maxwell erdachte "elektromagnetischen Strahlung" unzweifelbar nach. Den physikalischen Wert seiner Arbeit erkennt Hertz sofort, ihre für Technik und Wirtschaft revolutionäre Bedeutung aber nicht. Gerade mal 20 Meter kann der Pionier in seinem Karlsruher Hörsaal drahtlos überbrücken. Sechs Jahre später übermittelt der Russe Popow erstmals eine Meldung über 250 Meter hinweg. Seine ersten gefunkten Worte lauten "Heinrich Hertz".
Stand: 22.02.07