Elektrische Experimente sind Mode im späten 18. Jahrhundert, seit man die "Elektrisiermaschine" erfunden hat - rotierende Glasscheiben, die an Textilien reiben. Mit Hilfe eines Messingkabels lässt sich die entstehende Energie in ein Gefäß mit Wasser leiten. Sie strömt aber auch durch menschliche Körper hindurch, was den Wissenschaftlern die Möglichkeit öffentlicher Event-Experimente ermöglicht: So müssen einmal 180 Soldaten Ludwig des XV., ein anderes Mal sogar 700 Kartäuser-Mönche als Leitmedium dienen. Der erste der Versuchspersonen fasst den Draht an, der letzte taucht seine Hand ins Wasser. Bringt man die Elektrisiermaschine genügend auf Touren, springen alle angetretenen Herren zum Vergnügen des Publikums gleichzeitig hoch - nicht wie elektrisiert, sondern tatsächlich elektrisiert.
Was der Strom der Elektrizität mit dem Körper zu tun hat, möchte der Forscher Luigi Galvani herausfinden. Der Patriziersohn, am 9. September 1737 in Bologna geboren, ist Professor für Medizin und Anatomie. Für seine Versuche wählt er nicht Soldaten und Mönche, sondern Frösche, weil man die töten und zerteilen darf. Zunächst lässt Galvani Froschschenkel an der Elektrisiermaschine zucken, dann auf seinem Balkon, wenn es gewittert. Schließlich entdeckt er, dass sie sogar ohne Strom zucken, wenn er den Messinghaken, der sie durchbohrt, ans eiserne Balkongitter hält. Galvanis Schlussfolgerung: Im Frosch steckt Elektrizität. Sie beginnt zu strömen, wenn andere Elektrizität in der Nähe ist, aber sie fließt auch aus dem Frosch hinaus durch Metall. Deshalb hält Galvani die Metallteile stets an die Nervenenden der Schenkel.
Sein Physiker-Kollege Alessandro Volta glaubt nicht an diese Deutung. Nicht die Frösche machen den Strom, sondern einfach die unterschiedlichen Metalle, die durch die Flüssigkeit miteinander reagieren. Volta reichen deshalb zur Stromerzeugung ein Stück Kupfer, ein Stück Zink und ein Gefäß mit Salzwasser. Damit begreift Volta, was Galvani entdeckt hat: die elektrochemische Reaktion, die heute in jeder Batterie ausgenutzt wird. Ganze Batterien von Fröschen hat diese Entdeckung das Leben gekostet, unnötigerweise. Aber Volta nennt das Prinzip ganz kollegial Galvanismus. Immerhin ahnte Galvani etwas Richtiges: Tatsächlich funktionieren Nervenzellen elektrisch, auch wenn der Galvanismus damit nichts zu tun hat.
Galvani erlebt weder seine Widerlegung noch seine Ehrung mehr, stattdessen eine Menge Unglück: Seine Frau stirbt früh. Die französischen Truppen marschieren in Bologna ein und verlangen den Eid des Professors auf die neue "Republica Zisalpina" von Napoleons Gnaden. Aber Galvani will seinem alten Staatsoberhaupt, dem Papst in Rom, nicht untreu werden. Er verliert alle seine Ämter und muss verarmt zu seinem Bruder ziehen. Dort stirbt er 1798, erst 61 Jahre alt.
Stand: 09.09.07