Im Sommer 1961 wickelt Roy Lichtenstein ein Kaugummi aus dem Papier. Unter der Folie findet er ein Comic mit Mickey Maus und Donald Duck, auf dem der Erpel aus Entenhausen beim Fischen seine eigene Jacke angelt. Lichtenstein vergrößert eines der Bilder und malt es in den leuchtenden Primärdruckfarben Blau, Gelb und Rot inklusive der Sprechblase ("Schau Mickey, ich habe einen Dicken gefangen!") mit einer Hundebürste als Pinsel direkt auf die Leinwand. Es ist die Geburtsstunde seiner Künstlerkarriere. "Look Mickey" wird 1962 - im Geburtsjahr der Pop Art - in der berühmten New Yorker Galerie von Leo Castelli ausgestellt und verkauft. Fortan kann Lichtenstein von seinen Gemälden leben.
Lichtenstein wird 1923 in Manhattan geboren. Seine Kindheit ist wohlbehütet: Der Vater verdient sein Geld als Grundstücksmakler, die Mutter ist ganz für ihn und seine jüngere Schwester da. Während der High School besucht Lichtenstein Malkurse, kann sich und seine Familie später aber lange Zeit nicht von der brotlosen Kunst ernähren. Der Durchbruch kommt mit seinen genau kalkulierten, in groben Punkten gerasterten Gemälden nach Comics und Werbeanzeigen, die sich ironisch, aber auch bewundernd mit der schnelllebigen modernen Konsumwelt beschäftigen. Zwar verstößt Lichtenstein damit zunächst kurzzeitig gegen den guten Geschmack der New Yorker Kulturschickeria, die noch dem abstrakten Expressionismus eines Jackson Pollock verfallen ist. Aber die Trendwende kommt: Schon bald bestimmen neben Lichtensteins Arbeiten Andy Warhols Suppendosen und Claes Oldenburgs Stoff-Torten den Kunstbetrieb.
Später entwirft Lichtenstein auch bemalte Skulpturen und rastert berühmte Vorlagen von Picasso, van Gogh oder Mondrian zu Pop Art-Bildern. Dabei sei er bestrebt, "einen kommerzialisierten Picasso oder Mondrian zu machen. Zugleich ist mir sehr viel daran gelegen, mein eigenes Werk zum Kunstwerk werden zu lassen, sodass es auch etwas Weiterführendes an sich hat." So wendet sich Lichtenstein gegen den immer wieder erhobenen Vorwurf, lediglich ein Kopist und kein eigener Künstler zu sein. Lichtenstein stirbt am 29. September 1997 in Manhattan.
Stand: 29.09.07