Begraben ist christlich, verbrennen germanisch - vielleicht hat dieses Klischee dazu beigetragen, dass die Nazis am 15. Mai 1934 das erste deutsche Feuerbestattungsgesetz erließen. Es stellte erstmals Feuer- und Erdbestattung gleich und beendete damit eine Tradition, die bis zu Karl dem Großen zurückreicht. Der hatte 785 die Leichenverbrennung im Frankenreich verboten. Die katholische Kirche erneuerte das Verbot noch 1886. Feuerbestattung sei ein Zeichen für die Leugnung der Auferstehungshoffnung. Zu dieser Zeit kam die Urne erstmals in Mode: Sie stand für Aufklärung, Fortschrittlichkeit und Hygiene. 1878 erlaubte Thüringens Landesfürst Ernst II. den Bau des ersten deutschen Krematoriums in Gotha. Es folgten Heidelberg, Hamburg, das Land Hessen - zuletzt erst Bayern und Preußen. Als die Nazis ihr Reichsgesetz erließen, befürworteten nur knapp zehn Prozent der Deutschen die Feuerbestattung. Die wenigsten dieser sogenannten "Krematisten" ahnten wohl, dass Krematorien bald zur Entsorgungstechnik der nationalsozialistischen Mordmaschine gehören würden.
Das Gesetz von 1934 enthält Klauseln gegen den Missbrauch, die noch heute rechtsgültig sind: Es schreibt eine ärztliche Leichenbeschau vor der Einäscherung vor und erlaubt die Beisetzung der Urne nur auf dem Friedhof. Diese Kombination von Feuer- und Erdbestattung macht schließlich in der Bundesrepublik Karriere: Heute werden 42 Prozent der Verstorbenen eingeäschert, in Nord- und Ostdeutschland sogar 90 Prozent. Den Friedhofszwang hat kürzlich das nordrhein-westfälische Bestattungsgesetz gelockert. Es erlaubt die Urnenbeisetzung in "Friedwäldern" oder auch das Verstreuen der Asche - aber nur mit behördlicher Genehmigung.
Stand: 15.05.04