Stichtag

07. Februar 1637: Der holländische Tulpenmarkt bricht zusammen

Am 3. Februar 1637 in einer Schenke im holländischen Harlem: Einige Tulpenhändler haben sich zu einer Auktion getroffen. Einige Zwiebeln stehen zum Verkauf, der Einstiegspreis liegt bei 1.250 Gulden. Das ist nicht ungewöhnlich, kostet doch eine Spitzensorte wie die rot-weiße "Semper Augustus" inzwischen 3.000 Gulden. Aber an diesem Morgen hebt sich keine Hand, auch nicht, als der Auktionator zwei Mal den Preis absenkt. Wenig später verlassen die Händler in Panik das Lokal. Die Nachricht von der geplatzten Auktion verbreitet sich in Windeseile. Tagelang versuchen die Blumenspekulanten nun, ihre Zwiebeln los zu werden - vergeblich. Die Tulpen-Blase ist geplatzt. Am 7. Februar rufen die Tulpen-Unternehmer schließlich eine große Versammlung nach Amsterdam ein. Sie soll den Handel konsolidieren. Dass die Spekulanten scharenweise pleite gehen, verhindert das nicht.

Dieser erste Börsencrash der Geschichte beendet die Tulpenmanie in Holland. Sie beginnt, als der Starbotaniker Carolus Clusius 1593 den botanischen Garten der Universität zu Leiden übernimmt. In seinem Gepäck: Eine Tulpensammlung aus Wien, wo er zuvor die kaiserlichen Gärten verwaltete. Die Tulpe stammt ursprünglich aus den Steppen Zentralasiens. Von dort findet sie im Mittelalter den Weg in die Gärten am persischen Hof in Isfahan und später in die der osmanischen Herrscher in Istanbul. Wertvolle Züchtungen der Lale, der roten Blume, wachsen hier versteckt im Garten des Topkapi-Palastes. Dort bekommt sie der Flame Ghislain de Busbecq zu sehen, als er 1554 eine österreichische Gesandtschaft zum Sultan begleitet. Von hier bringt er einige Blumen unter dem Namen "Tulipan" mit nach Wien, zu Carolus Clusius.

In Leiden weckt die exotische Blume die Begehrlichkeiten der holländischen High Society. Die ist zu dieser Zeit durch ihren Überseehandel die reichste der Welt. Aber die strengen Puritaner dürfen ihr Geld nicht zeigen, Luxus in Kleidung und bei Festen ist verpönt. Also wird die Tulpe zu ihrem Statussymbol - und dafür sogar aus Clusius' Garten gestohlen. Bald steigen die Preise für die ungewöhnlichsten Züchtungen steil an. Die schönsten Flammenmuster der Pflanzen entstehen zufällig, durch ein Virus, sind also selten und nicht beliebig züchtbar. Die Kostbarkeiten werden im aufgeheizten holländischen Frühkapitalismus bald zum Spekulationsobjekt. Man handelt nicht mehr mit den Zwiebeln selbst, sondern mit Optionsscheinen - und dies das ganze Jahr hindurch, auch wenn es gar keine Tulpen gibt.Am Ende vermeldet ein kritisches Flugblatt, man bekäme für eine "Semper Augustus" im Tausch wahlweise "acht fette Schweine, vier fette Ochsen, zwölf fette Schafe, vierundzwanzig Tonnen Weizen, achtundvierzig Tonnen Roggen, zwei große Fässer Wein, vier Fässer Bier, zweitausend Kilo Butter, fünfhundert Kilo Käse, einen silbernen Kelch, einen Ballen Stoff, ein Bett mit Matratze oder auch ein Schiff." Im Februar 1637 ist froh, wer etwas davon besitzt - und keine Tulpen. Die Blume allerdings übersteht das Ende des Wahnsinns: Bis heute sind die Niederlande das Zentrum der Tulpenzucht. Jedes Frühjahr blühen rund zwei Milliarden Tulpen zwischen Alkmaar und Leiden, meist einfarbige Blumen, schlicht und billig.

Stand: 07.02.07