Stichtag

18. April 1942: Geburtstag des Rennfahrers Jochen Rindt

Wie versteinert hockt Nina Rindt auf ihrem Hochsitz in der Box des Lotus-Rennstalls. Die Stoppuhr in ihrer Hand tickt noch. Vier Runden lang hat sie die Trainingszeiten ihres Manns auf dem Kurs von Monza gestoppt. Jetzt ist Jochen Rindt längst überfällig. Als Colin Chapman zu ihr hinauf klettert, nimmt sie den Lotus-Teamchef kaum wahr. Tödliche Unfälle haben die Formel 1 in den 1960er Jahren mit trauriger Regelmäßigkeit erschüttert. Vor allem Lotus-Piloten leben gefährlich. "Wenn mich ein Rad überholt, weiß ich, dass ich in einem Lotus sitze", scherzt Graham Hill, der Weltmeister von 1968. Noch drastischer drückt es kurz zuvor Jochen Rindt aus: "Ich komme entweder in einem Lotus um oder ich werde Weltmeister." An jenem 5. September 1970 in Monza beginnt Nina Rindt auf ihrem Hochsitz zu ahnen, dass ihr Mann das Wettrennen gegen den Tod verloren hat.

Jochen Rindt verfällt dem Rennsport schon als Jugendlicher. Der am 18. April 1942 in Mainz geborene Junge wächst bei seinen Großeltern im österreichischen Graz auf, nachdem seine wohlhabenden Eltern 1943 bei einem Bombenangriff in Hamburg ums Leben kamen. Als Alleinerbe kann sich Rindt schon früh schnelle Autos leisten und was spielerisch beginnt, entwickelt sich bald zum Lebensinhalt. Vom Pass her Deutscher, siegt sich Rindt mit einer österreichischen Rennlizenz in Windeseile bis in die Formel 1 hinauf. Die ersten Jahre in der Königsklasse verlaufen für den braunen Wuschelkopf mit dem markigen Gesicht allerdings wenig vielversprechend. Der Erfolg stellt sich erst 1969 mit dem Wechsel zu Lotus ein, obwohl Rindt schon im zweiten Rennen für sein neues Team schwer verunglückt. Reporterfrage an Rindt: "Jochen, haben Sie das Vertrauen in Lotus verloren?" Antwort: "Ich habe zu Lotus noch nie Vertrauen gehabt."

Rindts finnische Frau Nina, die er 1967 geheiratet hat, leidet schwer unter dem Risiko, das ihr Mann bei jedem Start eingeht. 1970 hat Jochen Rindt endlich die Spitze erreicht. Nach vier in Serie gewonnenen Grand Prix führt er die WM-Wertung nahezu uneinholbar an; in Monza will er den Titelgewinn perfekt machen. Um 14.20 Uhr geht Jochen Rindt ins Training und winkt aus dem Cockpit seiner Nina noch einmal zu. Es wird eine Trainingsrunde ohne Wiederkehr. In der Parabolica-Kurve kommt sein Lotus ins Schleudern und Rindt rast mit 220 km/h frontal in die Leitplanken. Unfallursache? Vermutlich eine gebrochene Bremswelle. Mit durchtrennter Halsschlagader verblutet Rindt im Krankenwagen. In den folgenden Rennen sammelt kein Fahrer mehr Punkte als der Deutsch-Österreicher. So wird Jochen Rindt am Saisonende, als bislang einziger Formel-1-Pilot, posthum zum Weltmeister erklärt. Den WM-Pokal nimmt seine Witwe entgegen.

Stand: 18.04.07