Deutschland kurz nach dem Ersten Weltkrieg - die Lage ist desolat: Arbeit ist rar, die Mark nicht viel wert und das siegreiche Ausland fordert Reparationszahlungen für den deutschen Angriffskrieg. Rechtsnationale Splitterparteien schießen wie Pilze aus dem Boden. Eine von ihnen ist die Deutsche Arbeiterpartei (DAP), die ab 1920 Nationalsozialistische Arbeiterpartei (NSDAP) heißt. Sie schafft innerhalb eines Jahrzehnts den Aufstieg von einer kleinen Hinterhoftruppe zur Partei mit Millionen von Wählern. Ihr Vorsitzender Adolf Hitler setzt auf Massenversammlungen. In Münchens Biersälen und im Zirkus Krone spricht er vor einigen tausend Menschen. Im Januar 1923 organisiert er ein erstes Parteitreffen in der bayerischen Landeshauptstadt. Ein weiteres folgt in Weimar. Am 19. August 1927 wird der erste Parteitag der NSDAP in Nürnberg eröffnet. Rund 15.000 Menschen nehmen daran teil.
"Deutscheste aller Städte"
Nürnberg suchen sich die Nationalsozialisten zunächst aus pragmatischen Gründen aus: Hitler, der im November 1923 mit einem Putsch gescheitert ist, hat auch vier Jahre danach noch in vielen Teilen Deutschlands Redeverbot. In Nürnberg hingegen nicht. Hier kann er sich auf das Wohlwollen der örtlichen Polizei verlassen. Später stilisieren die Nazis Nürnberg zur angeblich deutschesten aller Städte: von der Stadt der Reichstage deutscher Kaiser zur Stadt der so genannten Reichsparteitage der NSDAP. Hitler sieht das "Dritte Reich" als Nachfolger des Zweiten: des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Acht Parteitage in Nürnberg
1933 erteilt Hitler den Auftrag, in Nürnberg eine "Tempelstadt der Bewegung" zu bauen. Auf dem im Süden der Stadt gelegenen Reichsparteigelände plant sein Lieblingsarchitekt Albert Speer monumentale Herrschaftsbauten für die Ewigkeit. Zu den Projekten, die tatsächlich umgesetzt werden, gehört eine zwei Kilometer lange und 60 Meter breite, mit Granitplatten ausgelegte Paradestraße. Darauf können 60 uniformierte Männer bequem nebeneinander marschieren. In den 30er Jahren nehmen alljährlich eine halbe Million Menschen am Reichsparteitag in Nürnberg teil. Dazu kommen noch einmal doppelt so viele Zuschauer - die für jede Propagandaveranstaltung Eintritt zahlen müssen. Ob das ein Aufmarsch von 15.000 Männern ist, die im Rhythmus Holzstämme schwingen, ein Großauftritt der Hitlerjugend, eine feierliche Standartenweihe oder ein nächtlicher Fackelmarsch.
Insgesamt acht Parteitage veranstaltet die NSDAP in Nürnberg, ein neunter soll am 2. September 1939 unter dem Motto "Reichsparteitag des Friedens" beginnen. Er wird Ende August überraschend abgesagt. Am 1. September 1939 überfällt die deutsche Wehrmacht Polen.
Stand: 19.08.2007