Stichtag

15. Oktober 2007 - Vor 155 Jahren: Friedrich Ludwig Jahn stirbt in Freyburg

Friedrich Ludwig Jahn ist ein Schulversager: Der Pfarrerssohn aus der Mark Brandenburg, 1778 in Lanz geboren, prügelt sich lieber, als dass er lernt. Mit schlechten Noten schafft er es dennoch bis zur Universität, beginnt mehrere Studiengänge, bricht aber alle wieder ab. Schließlich schlägt sich Jahn als Hilfslehrer in Berlin durch. Vielleicht aus eigener Erfahrung will er Jungen durch Sport erziehen. 1811 eröffnet er in der Hasenheide einen Turnplatz. Die Schüler des deutschtümelnden Nationalisten Jahn müssen graue Leinenhosen tragen und vom Lehrer entwickelte Übungen trainieren, die alle sehr deutsche Namen haben: Bauchwelle, Kreuzbiege, Spille, Gaffel oder Affensprung.

Für Jahn ist das Turnen eine politische Beschäftigung. 1813 sind seine Turner im Befreiungskrieg gegen Napoleon dabei. Danach hofft Jahn - wie viele - auf einen deutschen Nationalstaat, aber die alten Fürstentümer werden restauriert. 1820 wird Jahn als nationalistischer Revolutionär verhaftet. Das Turnen ist in Preußen nun verboten. Erst die Revolution von 1848 rehabilitiert Jahn. Für die Rechts-Konservativen zieht er als Abgeordneter in das Parlament in der Frankfurter Paulskirche ein.

Politischen Erfolg hat der Sonderling Jahn jedoch nicht. Heinrich Heine verspottet seine Haltung als "idealistisches Flegeltum" und hält ihn für einen Franzosen-Hasser: "Der Patriotismus der Deutschen besteht darin, dass er das Fremdländische hasst, dass er nicht mehr Weltbürger, nicht mehr Europäer, sondern nur ein enger Deutscher sein will." Jahn zieht sich bald resigniert nach Freyburg bei Jena zurück, wo er am 15. Oktober 1852 an einer Lungenentzündung stirbt. Erst als die deutsche Politik ganz auf Nationalismus setzt, wird Jahn posthum populär: Im Kaiserreich und in der Nazizeit wird er als "Turnvater" verherrlicht.

Stand: 15.10.07