Stichtag

10. Juni 2007 - Vor 25 Jahren: Tod von Regisseur Rainer Werner Fassbinder

Immer waren seine Stoffe eng verflochten mit seinem eigenen Leben. Titel wie der seines ersten Films "Liebe ist kälter als der Tod" (1969) oder "Angst essen Seele auf" (1973) und "Ich will doch nur, dass ihr mich liebt" (1975) müssen deshalb rein persönlich genommen werden; erst dann kann man dieses brutal-verschwenderisch gelebte Leben verstehen. In nur 14 Jahren arbeitet der Arztsohn Rainer Werner Fassbinder aus Bad Wörishofen gleichzeitig als Theater-Intendant, dreht über 40 Kino- und Fernsehfilme, schreibt 50 Drehbücher und inszeniert Dutzende von Bühnenstücken. Allen gleich ist ein beherrschendes Themenspektrum: das Leben als Outsider, gefundene und verlorene Liebe, Einsamkeit, Sehnsucht und Tod.

In den frühen Morgenstunden des 10. Juni 1982 findet seine Freundin, die Cutterin Juliane Lorenz, den 37-Jährigen tot in ihrer Schwabinger Wohnung. Es wird festgestellt, dass vermutlich die gleichzeitige Einnahme von Kokain und Schlafmitteln seinem überforderten Körper den Rest gegeben hat. Nach acht Filmbändern in Gold und Silber verliert die deutsche Kulturszene ein "Genie", darin sind sich deutsche und internationale Kritiker posthum mit Fassbinder einig. "Dass der Kulturbetrieb so was wie mich gebraucht hat, steht außer Frage. Sonst hätten sie es mir nicht so leicht gemacht", beschreibt der Regisseur die bleierne Nachkriegsöde und kulturelle Brachlandschaft, die er seit seinem Start als Autodidakt in der Münchner Theaterszene nicht nur gründlich durchgepflügt, sondern auch mit zeitgeschichtlichen Klassikern bereichert hat.

Gewürdigt wird Rainer Werner Fassbinder heute durch die Bank von allen, verstanden wurde er nicht immer. Bestes Beispiel dafür ist sein Mammutwerk "Berlin Alexanderplatz", das bei der Erstausstrahlung 1976 von einem Großteil der Presse zerrissen und heute im New Yorker Museum of Modern Art gefeiert wird. In den letzten Jahren nähert sich Fassbinder schließlich mit Publikumserfolgen wie "Die Ehe der Maria Braun" (1978) und "Lola" (1981) dem selbstgesteckten Ziel: Hollywood-Kino, nur nicht so verlogen. Als er mit "Querelle" (1982) seinen letzten Film dreht, schreibt Fassbinders Freund Gerhard Zwerenz später, hat sich der einst schmale, schüchterne Berserker in eine "unförmige lebende Ruine" verwandelt. "Den Mann kennst du nicht, dachte ich. Das ist ein Toter auf Urlaub."

Stand: 10.06.07