Die USA fühlen sich umzingelt: Nach dem Zweiten Weltkrieg scheint der Weltkommunismus die Oberhand zu gewinnen - 1949 die Nachricht von der ersten russischen Atombombe, im gleichen Jahr die Machtübernahme der Kommunisten in China, 1952 ein Stellvertreter-Krieg in Korea. Bereits im Ersten Weltkrieg hat in Amerika das Wort von der "Red Scare" ("Roten Gefahr") die Runde gemacht, nun wird die Kommunistenfurcht institutionalisiert. Einwanderer, linke Intellektuelle, Schauspieler, Schriftsteller und Gewerkschafter werden vor den Kongressausschuss für "unamerikanische Umtriebe" geladen. Vor allem Hollywood gilt als Hort kommunistischer Subversion. Auch berühmte Namen schützen nicht: Charlie Chaplin, Gary Cooper, Arthur Miller, Bertolt Brecht, Thomas Mann.
In dieser aufgeheizten Atmosphäre meldet sich im Senatswahlkampf 1950 ein bis dahin weitgehend unbekannter Senator aus dem Bundesstaat Wisconsin zu Wort: Joseph Raymond McCarthy. Er behauptet: "Hier in meiner Hand halte ich eine Liste mit 205 Namen. Namen von Mitgliedern der Kommunistischen Partei - kommunistische Spione, die im Außenministerium arbeiten und damit die amerikanische Außenpolitik mitbestimmen!" Das Papier ist ein Wäscherei-Zettel, wie er später zugibt. Doch die bloße Behauptung reicht, es ist Wahlkampf. McCarthy wird wiedergewählt und bekommt sogar den Vorsitz eines Kongress-Ausschusses. Er baut das Amt zu einem Machtinstrument aus und attackiert Kommunisten, Linke und Liberale - die "Eierköpfe", wie er sie nennt. Unterstützt von Mitarbeitern wie Richard Nixon und Ronald Reagan, zieht McCarthy in den Kampf gegen angebliche kommunistische Verschwörungen.
Immer wieder machen spektakuläre Spionagefälle Schlagzeilen, wie der Fall Alger Hiss, der Atomgeheimnisse an die Sowjetunion verraten haben soll, oder der Fall Julius und Ethel Rosenberg, die 1951 wegen Spionage hingerichtet werden. "Diese Fälle sind aber von anderen Ermittlern aufgedeckt worden, nicht von McCarthy", sagt der Washingtoner Historiker Don Ritchie. Der Senator habe seine Anschuldigungen nicht beweisen können. "Er war ein unfähiger Ermittler." Über 500 Verhöre führt McCarthy zwischen 1950 und 1954. Ergebnis: Null. Dafür zerstört er durch seinen Rufmord ungezählte Karrieren und Existenzen. Bis er sich mit der US-Army anlegt. Als McCarthy den Weltkriegsgeneral Ralph Zwicker vor laufenden Kameras maßregelt und ihm vorwirft, Kommunisten zu schützen, kippt die Stimmung. Der US-Präsident und Oberkommandierende der alliierten Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg, Dwight Eisenhower, tadelt seinen Parteifreund öffentlich. McCarthy, der Eisenhower für einen "weichgespülten Kommunisten" hält, muss sich nun selbst Befragungen in einem Kongress-Ausschuss gefallen lassen. 1954 wird der Kommunistenjäger politisch kalt gestellt. Die Presse ignoriert ihn, seine Unterstützer wenden sich von ihm ab. McCarthy trinkt sich zu Tode: Er stirbt am 2. Mai 1957 im Alter von 47 Jahren an Leberzirrhose in Bethesda in Maryland
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Stand: 02.05.07