Stichtag

03. Februar 2008 - Vor 110 Jahren: Geburtstag des Architekten Alvar Aalto

Im Frühjahr 1918 tobt in Finnland der Bürgerkrieg zwischen roten Bolschewisten und weißen, bürgerlichen Kräften. Auf Seiten der Weißen kämpft und siegt ein 19-jähriger Architekturstudent. In den nächsten Jahren wird er das Gesicht des neuen unabhängigen Finnland durch eine Vielzahl von Bauten entscheidend mitprägen. Überall entstehen neue Rathäuser, Bürogebäude, Wohnviertel und Universitäten. Die des jungen Star-Architekten Alvar Aalto erregen Aufsehen. Mit seinen scheinbar so leichtgewichtigen, klar den Gesetzen der Moderne gehorchenden Entwürfen, avanciert der am 3. Februar 1898 geborene Sohn eines Landvermessers zum internationalen Aushängeschild des jungen finnischen Staates.

Sein eigener Name ist sein Programm. Aalto heißt im Finnischen "Welle" und die wogt wie eine Signatur durch sein gesamtes Werk. Mitte der 30er Jahre lehnt ein gereifterer Aalto den strengen Funktionalismus eines Le Corbusier  zunehmend ab und entwickelt eine fließendere, dem Menschen zugewandtere Architektur. Stark von der Ausstrahlung seiner finnischen Heimat geprägt, bevorzugt Aalto statt Beton nun warme Materialien wie Holz und Ziegel. "Architektur ist keine Dekoration, sondern eine biologische, ja mehr noch eine moralische Angelegenheit", schreibt er in seinem Buch "Das Gewissen des Architekten". Als einer der letzten Großen seines Fachs begreift sich Aalto noch als Allround-Gestalter. Er entwirft Villen und Fabriken, Möbel und Vasen, ebenso wie Stühle und Türklinken.

Anfang der 50er Jahre, nach einer durch den Tod seiner Frau Aino ausgelösten Krise, wird Alvar Aalto mit Aufträgen aus aller Welt förmlich überschüttet. Vor allem in Deutschland realisiert der ebenso charismatische wie trinkfreudige Finne zahlreiche Wohngebäude, Kulturzentren und Kirchen. 1959 gewinnt Aalto mit einem Aufsehen erregenden Entwurf den Wettbewerb für das neue Opernhaus in Essen. Dessen Verwirklichung allerdings darf er nicht mehr erleben. Für beinahe 25 Jahre lassen Essens Stadtväter den zuvor einstimmig beschlossenen, preisgekrönten Entwurf in der Schublade verschwinden. Erst 1983, sieben Jahre nach Alvar Aaltos Tod im Mai 1976, erfolgt in Essen der erste Spatenstich. Bei der Eröffnung des Aalto Theaters 1988 sind nicht nur Essens Bürger begeistert. Auch die internationale Architekturszene sieht in dem asymmetrisch geschwungenen, schneeweißen Bau die künstlerische Quintessenz von Alvar Aaltos Denken und Fühlen. Bis heute gilt das Essener Haus als schönstes Theatergebäude Deutschlands.

Stand: 03.02.08