Stichtag

05. November 2008 - Vor 60 Jahren: Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau

Nach 1945 ächzt Europa unter den Folgen des Weltkriegs. Die meisten deutschen Großstädte und Industrieanlagen liegen in Schutt und Asche. Um den ehemaligen Gegner schnell wirtschaftlich und politisch zu stabilisieren, beschließen die Vereinigten Staaten für die neu geborene Bundesrepublik ein in der Geschichte einmaliges Unterstützungsprogramm, den so genannten Marshallplan. Mit rund 1,5 Milliarden Dollar wollen die USA ab 1948 einen zügigen Wiederaufbau der Infrastrukturen in den drei Westzonen ermöglichen. Die Verteilung der Mittel sollen die Deutschen selbst organisieren. Als Steuerungsinstrument wird dazu am 5. November 1948 per Gesetz ein Geldinstitut ins Leben gerufen: die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt.

Die Marshallplan-Gelder aus den USA sind von Beginn an als rückzahlbare Kredite angelegt. Mit den über die KfW vergebenen Darlehen werden amerikanische Fahrzeuge und Maschinen gekauft, Kraftwerke, Chemieanlagen und Stahlhütten wiederaufgebaut. Große Bedeutung erlangt die Staats-Bank auch bei der großflächigen Wiederankurbelung des Wohnungsbaus. Das nicht zuletzt dank der Tätigkeit der KfW bald einsetzende Wirtschaftswunder ermöglicht es, die Schulden aus dem Marshallplan zügig zu tilgen. Bereits 1966 wird die letzte Rate an die USA zurückgezahlt. Nach Bewältigung der Kriegs-Altlasten wachsen der KfW in den folgenden Jahrzehnten neue Aufgaben zu: Mittelstands- und Exportförderung, Kredite für Existenzgründer, Häuslebauer und Studierende sowie Investitionen in die Entwicklungshilfe. Außerdem verwaltet die heute als "KfW Bankengruppe" firmierende Kreditanstalt treuhänderisch größere Wertpapierbestände des Bundes.

In den 60 Jahren ihres Bestehens erwirbt sich die KfW im internationalen Geldverkehr höchstes Ansehen. Das Grundkapital der Bank vervielfacht sich von einer Million Mark bei Gründung auf derzeit rund 3,75 Milliarden Euro. Im Jahr 2007 erwirtschaftet das nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Staatsunternehmen eine Bilanzsumme von 376 Milliarden Euro und ist damit die neuntgrößte deutsche Bank. Trotzdem erfahren die meisten Bundesbürger erst kurz vor Ausbruch der weltweiten Finanzkrise von der Existenz des Geldhauses, das weder Filialen noch Geldautomaten betreibt - und zwar durch Schlagzeilen wie "Deutschlands dümmste Bank". Den Anlass liefert eine Überweisung der KfW in Höhe von 330 Millionen Euro an die Investmentbank Lehman Brothers - obwohl in Insider-Kreisen längst bekannt ist, dass der US-Finanzkonzern unmittelbar vor der Insolvenz steht. Einen weiteren Schaden in Höhe von etwa zehn Milliarden Euro verursacht die Mittelstandsbank IKB, eine Tochter der KfW, durch hoch riskante Hypotheken-Kredite in den USA. Deshalb wird die KfW-Bankengruppe das aktuelle Geschäftsjahr erstmals in ihrer Geschichte mit roten Zahlen abschließen. Die Rechnung begleicht der Steuerzahler.

Stand: 05.11.08