Stichtag

15. April 2008 - Vor 35 Jahren: Das Erste zeigt "Smog"

Am Abend des 15. April 1973 wissen manche Fernsehzuschauer nicht, wo sie gelandet sind: Gleich nach der Tagesschau geht es im Ersten weiter mit Berichten von einer Umweltkatastrophe im Ruhrgebiet. Reporter berichten aus nebelverhangenen Straßen, Meteorologen erklären die Lage, die Polizei ruft dazu auf, das Auto nicht zu benutzen. Manche Zuschauer rufen besorgt beim WDR  oder bei der Polizei an, um zu erfahren, was da los ist.

Sie erhalten Entwarnung: Das Fernsehen zeigt einen Fernsehfilm, keine Realität - aber nah an der Realität. Die beiden Wolfgangs, die den Film gemacht haben, stehen für brisante Umsetzung brisanter Stoffe: Wolfgang Menge schrieb das Drehbuch, Wolfgang Petersen führte Regie. "Smog" entwirft ein Szenario: Was geschieht, wenn der Ernstfall eintritt, den das nordrhein-westfälische Gesetz "zur Verhinderung smogähnlicher Erscheinungen bei austauscharmen Wetterlagen" beschreibt?

Smog ist ein Kunstwort aus den englischen Worten für Rauch (smoke) und Nebel (fog ). Kein Film, sondern bittere Realität war eine Inversionswetterlage in London 1952. Vom 4. bis 10. Dezember sorgte ein Hochdruckgebiet sorgt dafür, dass die Luft in höheren Schichten wärmer war als unten in der winterlichen Stadt. Die Dunstglocke mit all ihren Schadstoffen konnte nicht entweichen. Die Smog-Woche forderte nach offiziellen Angaben etwa 4.000 Todesopfer. (Andere Schätzungen nennen noch weit höhere Zahlen.) Es war vor allem der Rauch aus den Schornsteinen der privaten und industriellen Kohleöfen, der eine Stickoxydkonzentration erzeugte, die auch gesunden Menschen das Atmen schwer machte. Der Smog war so dicht, dass man auch am Tag auf der Straße kaum sehen konnte.Das scheint 1973 schon wieder vergessen. Denn am Tag nach der Ausstrahlung von "Smog" werfen manche Politiker dem Film Panikmache vor. Die Polizei erklärt, die im Film dargestellten 15 Kilometer Stau auf der Autobahn seien völlig unrealistisch. Aber nicht nur darin erhalten die Autoren später Recht: 1979 muss im Ruhrgebiet erstmals Smog-Alarm ausgelöst werden, 1985 sogar die höchste Alarmstufe 3. Danach ist es mit dem klassischen Smog in NRW bald vorbei: Neue Umweltgesetze und -technik sorgeb dafür, dass die Luft in der Region besser wird. Das giftige Schwefeldioxid wird sogar um 90 Prozent verringert. Beseitigt sind die Probleme jedoch nicht: Statt Smog- gibt es heute Ozon- und Feinstaubalarm.

Stand: 15.04.08