Stichtag

23. Mai 2008 - Vor 140 Jahren: Geburtstag des Schneiders Johann Klepper

An einem schönen Maitag des Jahres 1905 schreibt ein Architekturstudent in Bayern mit einer Bootsfahrt Sportgeschichte. In einem nach Eskimo-Art selbst konstruierten Faltkajak fährt Alfred Heurich bei Hochwasser auf dem Inn von Bad Tölz nach München. Der tollkühne Wildwasser-Ritt mit dem als "Hadernkahn" (Lumpenkahn) geschmähten Gefährt macht Furore und begründet einen neuen Freizeitsport: das Paddeln. Reich und berühmt wird aber nicht der erfinderische Student, sondern der Mann, dem Heurich zwei Jahre später das Patent für sein Faltboot verkauft. Es ist Johann Klepper, daheim bekannt als "der verrückte Schneidermeister aus Rosenheim".

Mit 21 Jahren hat Johann Klepper, am 23. Mai 1868 in Rosenheim geboren, die väterliche Schneiderei übernommen. Der begeisterte Bergsteiger und Wassersportler ist ein findiger Kopf, der auf seinen Touren immer wieder Anregungen für neuartige Sportausrüstungen erhält. Mit selbst gefertigten Kreationen wie der reißfesten Bergsteigerhose "Eisenfest" oder einem klappbaren Rodelschlitten baut Klepper das ererbte Schneidergeschäft zu einem florierenden Handelsunternehmen aus. Schon kurz nach dem Erwerb des Faltboot-Patents von Heurich beginnt der Jungunternehmer mit der Serienproduktion und gründet 1919 die Klepper-Werke GmbH in Rosenheim. Auf der Bugwelle der neuen Wandervogelbewegung wächst die Firma innerhalb weniger Jahre zur größten Faltboot-Werft der Welt. 1926 entwickelt Klepper ein beidseitig gummiertes Nesselgewebe, das sich hervorragend für Zelte und wasserdichte Kleidung eignet. Es ist der Stoff, aus dem der berühmte "Kleppermantel" entsteht und der schließlich rund 1.500 Menschen in der bayerischen Provinz Arbeit verschafft.

Klepper-Boote tragen den Namen ihres Erbauers rund um die Erde. "Fahre fröhlich in die Welt - in Kleppermantel, -Boot und -Zelt", lautet das Werbemotto. 1928 gelingt in einem Faltboot aus Rosenheim die erste Atlantik-Überquerung. Bei den Olympischen Spielen 1936 werden erstmals Kajak-Wettfahrten ausgetragen - und die meisten Medaillen in Klepper-Booten eingefahren. In den Jahren der Nazi-Herrschaft rüsten die Klepper-Werke immer weniger Sportler, dafür aber umso mehr Wehrmachtssoldaten und Reichsbahner aus. Das Rosenheimer Unternehmen boomt, bis es von alliierten Bombern zerstört wird. Mitte der 50er Jahre, als immer mehr Menschen preiswert Urlaub machen wollen, kann Klepper wieder den Belegschaftsstand der Vorkriegszeit erreichen. In den 70ern dann geraten Faltboote und bodenlange Gummimäntel aus der Mode und die Klepper-Werke müssen schließen. Aber nur kurz: Dank der aufkommenden Fitness- und Outdoor-Welle erlebt das Faltboot eine Renaissance und wird heute wieder unter dem Namen Klepper in Rosenheim hergestellt.

Stand: 23.05.08