Es ist eine Mammutkonferenz, die am 30. August 1974 in Bukarest endet: Mehr als 5.000 Delegierte aus 135 Staaten streiten knapp zwei Wochen lang über einen Aktionsplan, der das Wachstum der Weltbevölkerung bremsen soll. Während die sozialistischen Staaten die wirtschaftliche und soziale Entwicklung für das beste Mittel halten, plädiert der Westen für Familienplanung. Armut durch Überbevölkerung oder Überbevölkerung durch Armut, das ist die dahinter stehende Frage.Der schließlich verabschiedete Aktionsplan ist ein Kompromiss. In großen Teilen liest er sich wie ein allgemeines Entwicklungshilfeprogramm. Er fordert die Verbesserung des Lebensstandards in den armen Staaten und eine gerechtere Verteilung des Reichtums. Der Plan regt an, Kinderarbeit zu verbieten, Landflucht zu verhindern und eine gesetzliche Sozialversicherung einzuführen. Das zielt auf die so genannten Entwicklungsländer. Im Vergleich mit den Industriestaaten wächst die Bevölkerung in armen Ländern meist viel schneller. Bei der Bevölkerungsplanung bekennt sich der Aktionsplan zur Souveränität der Staaten und in der Familienplanung zum Recht der Eltern, selbst über Anzahl ihrer Kinder zu entscheiden. Der Vatikan und einige katholisch geprägte Staaten verhindern allerdings, dass der freie Zugang zu Informationen über Geburtenplanung und Empfängnisverhütung als Forderung im Plan steht.
Die verabschiedeten Empfehlungen binden die Staaten nicht, zwingen aber zumindest zur Auseinandersetzung mit dem Thema Bevölkerungswachstum. Viele Länder führen Familienplanungsprogramme ein. Die Weltbevölkerung wächst aber weiter, wenn auch etwas langsamer als 1974 vermutet. Noch in diesem Jahrhundert werden voraussichtlich neun Milliarden Menschen auf der Erde leben – jeder dritte in Indien oder China.
Stand: 30.08.04