Helmut Schmidt gibt Entwarnung. Bei einem Treffen seiner Namensvetter und -cousinen in der Essener Gruga-Halle 1976 erklärt der deutsche Bundeskanzler "den vielen Fräulein Schmidt", dass selbst bei einer Heirat keine Gefahr mehr besteht, das Ureigenste zu verlieren: den Mädchennamen. "Wir haben ja das Familienrecht renoviert oder reformiert oder novelliert", sagt Schmidt. "Und ihr braucht gar keine Angst zu haben, dass ihr euren Namen loswerdet, wenn ihr heiratet." Junge Mädchen könnten auch "als junge Ehefrau ihren Namen bewahren. Das darf man heute."
Aber Schmidt sagt nur die halbe Wahrheit. Denn den bewahrten Mädchennamen gibt es nur im Doppelpack: als Bindestrich-Kombination mit dem Namen des Ehemanns. Fortan dürfen Gattinnen zwar Däubler-Gmelin heißen oder Matthäus-Meier, Nüsslein-Vollhard und Leutheusser-Schnarrenberger. Aber ihren jungfräulichen Mädchennamen in die Ehe hinüberretten, das dürfen sie nicht. 1991 erklärt das Bundesverfassungsgericht, dass diese Regelung mit der im Grundgesetz verbrieften Gleichberechtigung nicht vereinbar ist. Der Gesetzgeber muss nachbessern. Drei Jahre lang diskutiert der deutsche Bundestag über eine Neuregelung. Am 28. Oktober 1993 ist es soweit: Das Familiennamenrechtsgesetz wird abgeändert. Ab sofort dürfen Männer und Frauen auch im Bund fürs Leben so heißen wie bisher. Derartige Verbindungen ohne Bindestrich sind jetzt erlaubt. Seit 2002 dürfen auch geerbte Doppelnamen als Familiennamen weitergegeben werden. Wer also als Däubler-Gmelin geboren wird, darf auch nach dem Jawort Däubler-Gmelin heißen.
Von der Gleichberechtigung in Namensfragen allerdings macht das weibliche Geschlecht bislang noch ungern Gebrauch. "Die überwiegende Zahl der Frauen", weiß die Kölner Standesbeamtin Angelika Barg, "wählt immer noch den Namen des Mannes zum Ehenamen".
Stand: 28.10.08