Viele kennen Helmut Schmidt als SPD-Politiker, als früheren Innensenator von Hamburg, als ehemaligen Bundeskanzler - und als chronischen Zigarettenraucher. Er rauchte schon als Jugendlicher, mittlerweile hat er vier Herzinfarkte hinter sich. Dennoch will er seine Lebensgewohnheiten nicht ändern: "Ich habe vorher das getan, was ich für meine Pflicht hielt. Vielleicht war es ein bisschen übertrieben. Und ich habe nachher getan, was ich für meine Pflicht hielt. Vielleicht war es wiederum übertrieben." Schmidt raucht auch dort, wo es verboten ist. Als arrogant empfindet er sich dabei nicht. Aber manchmal - gesteht er ein - kann er "sehr abweisend" sein. Er sagt über sich selbst: Emotionen sind nie meine starke Seite gewesen. Seine Ehefrau Loki, die eigentlich Hannelore heißt, sieht das anders: "Mein Mann hat soviel Gefühl, bloß das kann er so sorgfältig verstecken."
Image des Machers
Vielleicht hat Schmidts leicht unterkühlte Art auch ein wenig mit seiner Herkunft zu tun: "Die Norddeutschen sind zurückhaltend." Bei der Sturmflut in Hamburg im Februar 1962 greift er als Innensenator durch. Er setzt Bundeswehr-Soldaten ein, um den Hamburgern zu helfen - obwohl das damals verfassungsrechtlich verboten ist. Später als Bundeskanzler - von 1974 bis 1982 - ist Schmidt vor allem für seine Geradlinigkeit bekannt. Etwa als der Terror der RAF mit der Entführung von Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer seinen Höhepunkt erreicht. Schmidt lässt sich nicht erpressen. Während sein Vorgänger als SPD-Kanzler, Willy Brandt, als Visionär umjubelt wird, haftet Schmidt das Image des Machers an. Ein Vergleich, der ihn kränkt: "Ich fand es ein bisschen sehr enttäuschend, dass die Leute mich für einen Technokraten hielten. Das war ich nicht."
Seit 1942 mit Loki verheiratet
Privatmann Schmidt lebt nach wie vor in seinem Bungalow in Hamburg-Langenhorn und zeitweise im Wochenendhaus am Brahmsee bei Kiel. Zusammen mit seiner Frau Loki, mit der er seit 1942 verheiratet ist und eine Tochter hat. Eine Ehe, die nicht immer problemlos war, sagt Theo Sommer, ehemaliger Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit": "Ein 100-prozentiger Mann kann kein Heiliger sein. Ich glaube, das weiß niemand besser als Loki." Zur Treue in der Ehe sagt Schmidt selbst: "Es gibt Ehen, in denen Untreue vorkommt. Möglicherweise auf beiden Seiten. Und die aber auch trotzdem innerlich zusammen halten."
Herausgeber und Autor
Schmidt spielt gerne Klavier, obwohl er mittlerweile kaum noch etwas hört. Er interessiert sich auch für Malerei und Buddhismus. Zudem arbeitet Schmidt immer noch. Er ist Herausgeber der "Zeit", schreibt Artikel und Bücher, hält Vorträge. Trotzdem sagt Schmidt, der am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren wurde: "Ich wackele von oben bis unten." Er ist auf seinen Stock und sein Hörgerät angewiesen. Aber das Gehirn, das funktioniert noch, sagt Schmidt.
Stand: 23.12.2008
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