Für Ministerialdirektor Hermann Wandersleb ist die Entscheidung 1949 eine "Angelegenheit von höchster weltpolitischer Bedeutung" - und das, obwohl das Ergebnis gerade einmal 2,5 mal drei Zentimeter messen wird und einen Wert von zehn bzw. zwanzig Pfennig hat. Es geht um die erste Briefmarke der jungen Bundesrepublik Deutschland, mit der der Eröffnung des ersten Bundestages gedacht werden soll. Die Staatsgründung soll sich auch postalisch manifestieren.
Wandersleb wünscht sich "ein markantes Gebäude der Stadt Bonn im Markenbild". Die Umsetzung des Wunschs aber ist unmöglich. Denn die Entscheidung für die zukünftige Bundeshauptstadt soll erst Monate später fallen. Noch ist auch Frankfurt am Main im Gespräch. "Ich gab die Entscheidung der Hauptverwaltung Post und Fernmeldewesen bekannt, dass für die Sonderpostwertzeichen kein Motiv in Frage komme, das auf Bonn hinweise", fasst ein Amtsrat namens Grützner die Verhandlungen zusammen. "Der Hauptverwaltung Post und Fernmeldewesen schwebe vor, Marken mit einem Motiv des allgemeinen Wiederaufbaus und der Beschriftung 'Bundesrepublik Deutschland, 1. Bundestag 1949' zu schaffen."Ein solches Motiv entwirft der Frankfurter Grafiker Max Bittrof. Am 7. September 1949 gibt die Post eine rote und eine grüne Briefmarke zum Frankieren von Briefen und Postkarten heraus, auf der zwei Bauarbeiter mit einem Dachstuhl und einem darauf wehenden Richtkranz zu sehen sind. Im Hintergrund geht dramatisch die Sonne auf und überstrahlt die Aufbruchstimmung. Das Haus der Bundesrepublik ist schon gebaut, will die Symbolik sagen. Wann und womit das Dach gedeckt wird, sagt sie nicht.
Auf den ersten beiden Sondermarken der Bundesrepublik Deutschland steht noch, ebenso wie auf den Marken der so genannten Ostzone, "Deutsche Post" zu lesen. Erst ein Jahr später wird das in "Deutsche Bundespost" verändert. DDR-Bürger kleben ebenfalls seit 1950 Marken mit der Aufschrift "Deutsche Demokratische Republik" auf ihre Briefe. Die Teilung Deutschlands ist nun auch postalisch vollzogen.
Stand: 07.09.09