Nach Adolf Hitler ist Joseph Goebbels Marika Rökks größter Fan. Der Führer schickt ihr Rosen, sein Propagandaminister tätschelt ihr, der Überlieferung zufolge, unter dem Tisch sogar einmal das Knie. "Eine kleine Entspannung" sind die Besuche der Schauspielerin für Goebbels - und er weiß, dass die heiteren Filme der temperamentvollen Rökk als Ablenkung vor dem Grauen des Kriegsalltags unbezahlbar sind.
Auch wenn sie Goebbels nicht sonderlich sympathisch findet, schmeichelt der karrierebewussten Rökk die Zuneigung. Hitler dankt sie die Aufmerksamkeit mit anbiedernden Telegrammen. Später wird Rökk ihre Jahre im Dritten Reich als die schönsten ihres Lebens bezeichnen.
Geboren wird Rökk 1913 als Tochter eines ungarischen Architekten in Kairo. Groß wird sie in Budapest. Mit acht Jahren bekommt sie ersten Tanzunterricht. 1924 zieht die Familie nach Paris, wo eine Exilrussin Rökk weiter ausbildet. Als der Vater arbeitslos wird, übernimmt das Mädchen die Versorgung der Familie. Mit elf Jahren gehört sie zum Ensemble der "Hoffmann Girls". Sie tritt im Moulin Rouge auf und geht mit der Truppe auf US-Tournee. Als ihre Aufenthaltsgenehmigung abläuft, bevor die ersehnten Engagements eintreffen, bezaubert Rökk unter den strengen Augen ihres Vaters das Publikum der eleganten Nachtclubs von London, Paris, Berlin und Budapest. 1930 dreht sie in England ihren ersten Film.
1934 wird das junge Talent in einer Zirkusrevue in Wien von der UFA entdeckt. Ihr deutsches Filmdebüt gibt Rökk als ungarische Zirkusartistin in "Leichte Kavallerie" (1935). In der Operette "Gasparone" (1937) darf sie an der Seite von Johannes Heesters singen. Danach wird sie in Streifen wie "Karussell" (1937) oder "Es war eine rauschende Ballnacht" (1938) mit klarem ungarischen Akzent systematisch als deutsche Antwort auf die Hollywood-Diven aufgebaut. Dazu gehört, dass sie ihre tanzend zur Schau gestellte, eher kantige Erotik mit hausfraulichen Fähigkeiten paart: Wenn Not am Mann ist, tauscht sie das Tanzkleid schon einmal gegen die Küchenschürze aus.
"Der Film heißt Marika Rökk!" schwärmt der "Film-Kurier" kurz vor Hitlers Überfall auf Polen über "Hallo Janine" (1939): "Etwas hat sie dabei der amerikanischen Konkurrenz voraus: den burschikosen Schalk im Nacken, den sprudelnden Charme und nicht zu vergessen: Paprika im Blut". Nach ihrer Doppelrolle als liebevoll-sanfte Mara und teuflische Kora in "Kora Terry" (1940) bekommt Rökk Waschkörbe voll Fanpost von der Front. Und als die deutschen Soldaten in einem längst verlorenen Krieg als Kanonenfutter verheizt werden, animiert sie in "Die Frau meiner Träume" (1944) ihr Publikum: "Alle mitschunkeln!"
Regisseur einer Vielzahl von Rökk-Filmen ist Georg Jacoby. Mit 22 Jahren verliebt sich die Schauspielerin in den 31 Jahre älteren Mann. 1940 heiratet das Paar. Die gemeinsame Tochter Gabriele wächst weitgehend bei den Großeltern auf, weil Rökks eigentliche Welt die Arbeit ist. Das ändert sich auch nach dem 2. Weltkrieg nicht. Nachdem sich der Vorwurf der Nazi-Spionage als haltlos erweist, tourt Rökk weiter über die Bühnen und feiert mit ihrem Musical "Die Gräfin vom Naschmarkt" noch 1978 Erfolge. Mit 90 Jahren plant Rökk eine Revue in der ARD. Mitten in den Vorbereitungen stirbt sie am 16. Mai 2004 in ihrem Haus in Baden.
Stand: 16.05.09