Stichtag

25. Oktober 2009 - Vor 90 Jahren: Beate Uhse wird geboren

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Beate Uhse mit dem Fahrrad und einem Wandergewerbeschein der englischen Militärregierung in Schleswig-Holstein unterwegs. Dort verkauft sie Einkaufstaschen, Spielzeug und Knöpfe an die Dorfbevölkerung, die hauptsächlich aus Frauen und Kindern besteht.Dann kommen die Männer aus der Gefangenschaft zurück. Damit die Wiedersehensfreude folgenlos bleibt, fährt Uhse in die Stadt Nübel bei Flensburg, um in der dortigen Bücherei ein Buch über Empfängnisverhütung auszuleihen. Für Rabattmarken im Wert von fünf Pfund Butter findet sie einen Drucker, der ihre Exzerpte zur Knaus-Ogino-Methode als Faltblatt vervielfältigt. Die "Schrift X" für zwei Reichsmark pro Stück steht am Anfang einer beispiellosen Karriere als Erotik-Unternehmerin.

Eigentlich sollte es ganz anders kommen. Geboren wird Uhse am 25. Oktober 1919 als Beate Köstlin im ostpreußischen Wargenau. Von ihren Eltern wird sie zur Selbstständigkeit erzogen. Als Charles Lindbergh  1927 als erster Mensch allein und ohne Zwischenstopp den Atlantik überfliegt, beschließt die Achtjährige, Pilotin zu werden. Zehn Jahre später macht sie ihren Pilotenschein, ab 1943 fliegt sie in einem Überführungsgeschwader von Hermann Görings Luftwaffe. Zuletzt bekleidet sie den Rang des Hauptmanns. Ihr Fluglehrer und erster Ehemann, der Pilot Hans-Jürgen Uhse, verunglückt als Staffelkapitän eines Nachtfluggeschwaders tödlich im Zweiten Weltkrieg."Dann war der Krieg zu Ende, und mir gelang es, mit der letzten noch flugfähigen kleinen Maschine von Berlin nach Schleswig-Holstein zu fliegen", erinnert sich Beate Uhse später. Im kleinen Örtchen Barderup nahe Flensburg verdient sie ihren Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn mit Arbeit zunächst in der Landwirtschaft. Nebenbei betreibt sie ihr kleines Geschäft mit den Einkaufstaschen, Knöpfen und Spielsachen, später mit dem Aufklärungs-Faltblatt. Als sich die "Schrift X" über 32.000 Mal verkauft hat, beschließt Uhse, ihr Sortiment um Verhütungsmittel und andere Sex-Produkte zu erweitern. 1947 gründet sie ihr Unternehmen; vier Jahre später kommt ein Versandhaus hinzu.

1962 gründet Beate Uhse in Flensburg ein "Institut für Ehehygiene": Es ist der erste Sex-Shop der Welt. Fortan gerät sie immer wieder ins Visier des Staatsanwalts. Über 2.000 Anzeigen landen im Laufe der Firmengeschichte vor dem Richter, zumeist wegen "Verstoßes gegen Sitte und Moral". Fast immer wird Uhse freigesprochen - auch da noch, als sie ihr Geschäft um den Handel mit Sex-Spielzeug und Pornofilmen erweitert. Mitte der achtziger Jahre erkrankt Uhse schwer an Magenkrebs. Sie stirbt 2001 im Alter von 81 Jahren an einer Lungenentzündung in Sankt Gallen. Sie hinterlässt mit der Beate Uhse AG das größte Erotik-Unternehmen Europas.

Stand: 25.10.09