Am 4. September 1949 sitzt Herta Heuwer in ihrem Imbiss-Stand in Berlin-Charlottenburg und langweilt sich. Das Wetter ist trübe, kein Käufer verirrt sich zu ihr. Da beginnt die kreative Wurstverkäuferin, verschiedene Substanzen für ihre Snacks zu einer neuen Soßenidee zusammenzuschütten. Tomatenmark und Pfeffer sind dabei, geriebene Paprika, Worcestersoße und Curry-Pulver. Anschließend gießt Heuwer ihre später "Chillup-Soße" genannte Kreation über eine zerschnittene Dampfwurst. Nach der Überlieferung ist dies die Geburtsstunde der Currywurst.
Geboren wird Heuwer 1913 im ostpreußischen Königsberg. Nach dem zweiten Weltkrieg übernimmt sie in Berlin ihren Schnellimbiss. 1959 lässt sie sich ihre Chillup-Soße patentieren. Ihre Wurstkreation wird so beliebt, dass sie später in eine eigene Imbisshalle mit mehreren Angestellten umzieht. 1960 übernimmt ein Konkurrent namens Konnopke am Ostberliner U-Bahnhof "Eberswalder Straße" die Geschäftsidee, auch wenn es sich bei seiner Curry-Soße nicht um das Original handeln kann: Dessen Rezeptur nämlich hütet Heuwer wie ein Staatsgeheimnis. 1978, zwei Jahre nach ihrem Abschied als Currywurstverkäufern, vernichtet sie alle schriftlichen Aufzeichnungen, nicht einmal ihrem Mann verrät sie die genaue Zusammensetzung. Als sie 1999 in Berlin stirbt, nimmt sie ihr Currywurstsoßenrezept mit ins Grab.Früh schon muss sich Heuwer anhören, dass sie gar nicht die Erfinderin der Currywurst gewesen sei. Noch 1993 wird der Schriftsteller Uwe Timm in seiner Novelle "Die Entdeckung der Currywurst" behaupten, in Hamburg sei der heißfettige Snack bereits 1947 am Imbiss zu haben gewesen. Heuwer wehrt sich gegen derlei "Märchen", indem sie ihre Urheberschaft durch das Schild "Erste Curry-Wurst-Braterei der Welt" an ihrem Imbissstand bekräftigt: "Meine Soße, die habe ich mir patentieren lassen, und damit bin ich auch die Erfinderin der Currywurst."
Angeblich verspeisen die Deutschen rund 800 Millionen Currywürste im Jahr, von denen jede mit 300 Kilokalorien zu Buche schlägt. Allein in Berlin sollen es im selben Zeitraum 70 Millionen Portionen sein. Dabei wird die Kultspeise, der Herbert Grönemeyer 1982 einen eigenen Song widmet, längst nicht mehr nur in der Pappschale mit Pommes Frites serviert: Zu besonderen Anlässen etwa reicht das Berliner Hotel Adlon seinen Gästen die Kreation zum Champagner. Im August 2009 eröffnete in Berlin nahe beim Checkpoint Charlie zudem Deutschlands erstes Currywurst-Museum.
Stand: 04.09.09