Seattle, 9. Februar 1969: Auf dem Flugfeld des US-Luftfahrtkonzerns Boeing sitzt Chef-Konstrukteur Joe Sutter im Technikraum. In nur 34 Monaten hat er mit seinem Entwicklungsteam das größte Passagierflugzeug der Welt entworfen. Nun wartet Sutter auf den Erstflug von "RA001", dem Prototypen der Boeing 747. "Zuvor hatte ich meine Frau Nancy an die Startbahn gebracht", erinnert sich Sutter später. "Es gab vorher heftige Diskussionen, ob wir dieses große Flugzeug überhaupt in die Luft kriegen würden, also habe ich sie an einer bestimmten Stelle abgesetzt und ihr gesagt: Bleib hier stehen und es wird genau vor Dir abheben." Nancy Sutter sieht zu, wie sich der Riese in Bewegung setzt. Er ist 70 Meter lang und hat eine Spannweite von 60 Metern. Damit ist die Boeing 747 mehr als doppelt so groß wie die Flugzeuge, die zu dieser Zeit im Liniendienst unterwegs sind. Donnernd zieht das Flugzeug mit dem markanten Cockpit-Buckel an den Zuschauern vorbei und hebt mit seinen 330 Tonnen ab - exakt dort, wo Nancy steht.
Die 747 fliegt nicht nur - sie fliegt gut. Vom Testpiloten bekommt Konstrukteur Sutter das Lob: "It's a pilot's plane!" Trotz seiner Größe ist das Flugzeug gut zu beherrschen. In Anlehnung an einen bekannten New Yorker Zoo-Elefanten aus dem 19. Jahrhundert erhält die Maschine von der Presse den Beinamen Jumbo-Jet. Die 747 wird zu einem Verkaufserfolg. Die deutsche Fluglinie Lufthansa gehört zu den ersten Kunden. Tausende Schaulustige kommen 1970 zum Flughafen Köln-Bonn, um die Landung des ersten Lufthansa-Jumbos mitzuerleben. Die Frau von NRW-Ministerpräsident Heinz Kühn (SPD) tauft das Flugzeug auf den Namen Nordrhein-Westfalen. Es hat Platz für rund 360 Passagiere und ist luxuriös ausgestattet. Filme können vorgeführt und Musikprogramme gehört werden. Eine Wendeltreppe führt hinauf zum Oberdeck, wo eine Bar eingerichtet ist.
Das Großraum-Flugzeug befördert jedoch nicht nur Passagiere, sondern auch Großcontainer von Logistikunternehmen. In der Fracht-Version transportiert der Jumbo die Hälfte aller Luftfracht-Güter weltweit. Zugleich bedeutet eine 747 auch Prestige: Knapp 1.500 Stück wurden bisher gebaut, darunter Privatjets für arabische Scheichs und die berühmte Air-Force-One des US-Präsidenten. Seit kurzem ist der Jumbo nicht mehr das größte unter den Verkehrsflugzeugen. Der europäische Airbus A380 mit seinen rund 1.000 Sitzplätzen hat die 747 abgelöst. Doch abgeschrieben ist sie noch lange nicht, sagt Konstrukteur Sutter. Mindestens noch die nächsten 20 bis 30 Jahre werde der Jumbo am Himmel zu sehen sein. "Das Flugzeug ist sehr anpassungsfähig", meint der heute 88-jährige Ingenieur. "Deshalb haben wir mittlerweile die vierte Version des Flugzeugs, und es kann immer noch neue Technik aufnehmen."
Stand: 09.02.09