Schwarz-Weiß Foto von Schauspieler Wolfgang Neuss mit einer Pauke.

Stichtag

05. Mai 2009 - Vor 20 Jahren: Todestag des Kabarettisten Wolfgang Neuss

Für Dieter Hildebrandt ist Wolfgang Neuss "der beste Kabarettist, den wir je hatten". Alle Kollegen hätte er zu Lebzeiten an die Wand gespielt, erinnert sich der erfolgreiche Macher der Fernsehsendung "Scheibenwischer" später. "Also, den Hildebrandt, den kann ich nie über haben, dem kann ich stundenlang zuhören", wird Neuss seinerseits seinen Kollegen loben: "und weiß doch, wie ich's besser mache."

Neuss wird 1923 in Breslau geboren. Nach der Schule macht er eine Schlachterlehre. Mit 15 Jahren flieht er aus der Enge des Elternhauses, um nach eigener Aussage Clown zu werden. Auf der Flucht vorm Erwachsenwerden wird er als Soldat eingezogen - und schießt sich 1940 an der russischen Front den Finger ab, um dem Krieg zu entkommen. Im Genesungsheim macht er erste Versuche als Frontkomiker, in der Gefangenschaft inszeniert er ab 1945 bunte Abende.


1950 erwirbt Neuss in Berlin eine Pauke, die sein Markenzeichen werden soll. Fortan schlägt "der Mann mit der Pauke" den Mächtigen der deutschen Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit mit bissigem Humor und entwaffnender Direktheit den Marsch. "Was ich gedacht habe ich auch wiedergegeben", wird er sich später erinnern. "Ich war so eine Art Medium, ich hab' empfunden, was die kleinen Leute dachten." In der Folge dreht Neuss unermüdlich Filme und Werbespots, tourt mit seinem Programm durch West- und anfangs auch durch Ostberlin. Mit seinem Bühnenpartner Wolfgang Müller feiert er deutschlandweit Triumphe.


Dann kommt Müller bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Neuss arbeitet mit den Solo-Programmen "Das Jüngste Gerücht" und "Donner-Donnerwetter" weiter, aber der Tod des Partners hat ihn verbittert. Sein Humor wird böser, schwärzer, radikaler. 1968 sympathisiert er mit der Studentenbewegung - und verliert so allmählich sein Publikum und die Gunst der Presse. Neuss zieht sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. In seiner Wohnung in der Lohmeyer Straße Nummer sechs, in deren Tür der Schlüssel immer außen steckt, errichtet er für Freunde und Bewunderer seine private Bühne.

"Ich bin der, vor dem meine Eltern mich immer gewarnt haben", lautet der wohl bekannteste Spruch des inzwischen langhaarigen, zahnlosen und vom Drogenkonsum gezeichneten Neuss. Legendär wird sein Talkshowauftritt, bei dem er den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker 1983 auf die Palme bringt ("Auf deutschem Boden darf nie mehr ein Joint ausgehen, Richhie!")."Der beste Kabarettist, den wir je hatten", stirbt am 5. Mai 1989 in Berlin.

Stand: 05.05.09