Krebserkrankungen kennt die Medizingeschichte seit ihren Anfängen. Schon der berühmteste Arzt der Antike versucht sich um 400 vor Christus an der Behandlung bösartiger Geschwülste. Weil Hippokrates von Kos die Ähnlichkeit krankhaft mutierter Venen mit den Beinen von Krustentieren auffällt, gibt er den lebensgefährlichen Gewebewucherungen den Namen Krebs. Rund 395.000 Menschen in Deutschland erhalten derzeit jährlich die niederschmetternde Diagnose "Krebs". Trotz aller Forschungserfolge fehlen den Ärzten oft noch die Mittel, das unkontrollierte Zellwachstum zu heilen, doch der Trend ist ermutigend: "In den vergangenen 15 Jahren beobachten wir, dass die Krebssterblichkeit in den USA und Deutschland sinkt", erklärt Nikolaus Becker vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Seit 45 Jahren ist man dort den Ursachen und Heilungschancen von bösartigen Tumoren auf der Spur. International genießt die Arbeit der rund 2.500 DKFZ-Mitarbeiter inzwischen höchstes Ansehen.
Die Geschichte von Deutschlands größter biomedizinischer Forschungseinrichtung beginnt Anfang der 1960er Jahre mit dem Heidelberger Chirurgen und Krebsforscher Karl Heinrich Bauer. Dank seines unermüdlichen Einsatzes errichtet das Land Baden-Württemberg 1964 die öffentlich-rechtliche "Stiftung Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg". Am 31. Oktober 1964 wird die erste Baustufe des Zentrums, bestehend aus vier kleinen Fertigbauten, eingeweiht. Entgegen dem eindringlichen Rat Bauers, den DKFZ-Wissenschaftlern von Beginn an durch Angliederung klinischer Abteilungen den direkten Kontakt zum Patienten zu ermöglichen, setzt das Land anfangs allein auf akademisch-wissenschaftliche Forschungsarbeit. Erst 1975 erhält das DKFZ vom Bund die Anerkennung als Großforschungseinrichtung - und die damit verbundene geregelte Finanzausstattung. Zuvor wurde das interdisziplinäre Projekt "Angewandte Tumorvirologie" eingeführt und die zwischen Land und Stiftung strittigen Berufungsverfahren für Spitzenpositionen geklärt.
Den Aufstieg zur internationalen Elite der Tumorforschung verdankt das Deutsche Krebsforschungszentrum ganz wesentlich dem aus Gelsenkirchen stammenden Mediziner Harald zur Hausen. 20 Jahre lang, von 1983 bis 2003 bestimmt der Virologe als Stiftungsvorsitzender die Entwicklung des DKFZ. 2008 wird der 73-Jährige mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Zur Hausen hatte einen bestimmten Virenstamm als Auslöser von Gebärmutterhalskrebs identifiziert und einen wirksamen Impfstoff entwickelt. Doch verfrühten Hoffnungen auf einen schnellen Sieg über die Krankheit erteilt der Doyen der deutschen Krebsforschung eine Absage: "Völlig vor Krebs schützt zur Zeit nichts." Unabhängig vom Umgang mit dem eigenen Körper wird nach wie vor jeder dritte Europäer im Lauf seines Lebens von einer der vielen Erscheinungsformen des Krebses befallen. "Wir kennen einfach nicht alle Faktoren, die zu Krebs führen können."
Stand: 31.10.09