"Die Fokker ist das schönste Weihnachtsgeschenk, das ich je bekommen habe", freut sich der deutsche Kampfpilot Oswald Boelcke 1914 über sein neues Jagdflugzeug. Die Maschinen des niederländischen Konstrukteurs Anton Herman Gerard "Anthony" Fokker werden im Ersten Weltkrieg zum Mythos bei Freund und Feind. Berüchtigt ist vor allem der knallrot lackierte Fokker-Dreidecker des "Roten Barons" Manfred von Richthofen. Die Flugzeuge von Fokker werden unter anderem auch von den deutschen Jagdpiloten Max Immelmann und Ernst Udet geflogen. "Die Besonderheit der Fokker-Flugzeuge", sagt der Bochumer Luftfahrt-Historiker Lutz Budraß, "liegt darin, dass sie zum ersten Mal Flugeigenschaften aufweisen, die in Grenzen berechenbar sind." Sie seien zu Beginn des Ersten Weltkrieges bereits zuverlässiger als Flugzeuge anderer Hersteller.
Anton Fokker kommt am 6. April 1890 in der holländischen Kolonie Java zur Welt. 1910 zieht es den jungen Mann nach Berlin, denn neben Frankreich und den USA ist damals Deutschland ein Zentrum des Flugzeugbaus. "Die Fliegerei und ich sind zusammen groß geworden", sagt Fokker rückblickend. "Ich habe bloß mit der Konstruktion von Flugzeugen begonnen, weil niemand genau das Flugzeug baute, das ich wollte." Auf dem Flugplatz Johannisthal bei Berlin lernt Fokker erst einmal selbst fliegen. Da die aerodynamischen Grundlagen des Flugzeugbaus noch nicht restlos erforscht sind, betätigen sich die damaligen Flugpioniere zugleich als Konstrukteure. 1911 erhält Fokker den deutschen Pilotenschein mit der Nummer 88. Dann beginnt er mit dem Nachbau französischer Flugzeuge, entwirft aber bald eigene Modelle. In Schwerin baut er Doppeldecker für die deutsche Luftwaffe. Als einziger Konstrukteur seiner Zeit reist er während des Ersten Weltkrieges selbst an die Front, um die Piloten über ihre Erfahrungen zu befragen. Seine wichtigste Erfindung ist ein Synchronisationsgetriebe, das verhindert, dass das Bordmaschinengewehr den Propeller des Flugzeugs zerfetzt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wird im Versailler Waffenstillstandsabkommen von 1919 festgelegt, dass die Deutschen insbesondere alle Fokker-Flugzeuge an die Alliierten ausliefern müssen. Fokker glaubt, dass dadurch der Flugzeugbau in Deutschland auf lange Sicht unmöglich sein wird. Deshalb verschiebt er sechs Güterzüge mit Flugzeugen, Motoren und Werkzeugmaschinen nach Holland und baut dort erneut eine Produktion auf. Bald knüpft er Kontakte in die USA und wandert 1922 aus. In den Vereinigten Staaten entwickelt er weiter Flugzeuge, unter anderem gemeinsam mit dem Unternehmen Ford. Von seinen Mitarbeitern wird Fokker "Onkel Tony" genannt. Sein Testpilot Bernt Balchen sagt über ihn: "Er ist sprunghaft, wild-impulsiv, folgt plötzlichen Eingebungen." So habe Fokker den Erstflug eines Flugzeuges um Wochen verzögert, weil er eine Passagier-Toilette installierte, die er gerade erfunden hatte. Am 23. Dezember 1939 stirbt Fokker im Alter von 49 Jahren in New York an den Folgen einer Hirnhautentzündung.
Stand: 23.12.09