Stichtag

14. März 2009 - Vor 155 Jahren: Paul Ehrlich wird geboren

Er liebt Walzer und Operetten - und Zigarren. Bis zu 50 Stück raucht der Mediziner und Forscher Paul Ehrlich angeblich pro Tag. Selbst im Labor nebelt er sich und seine Mitarbeiter ein. Schon als Schüler experimentiert Ehrlich in der Waschküche, rührt Mixturen zusammen und gibt beim Apotheker Hustenbonbons nach eigenem Rezept in Auftrag. Geboren wird er am 14. März 1854 in einer kleinen Industriestadt im ehemals preußischen Schlesien, in Strehlen, dem heute polnischen Strzelin. Der Vater, Vorsteher der jüdischen Gemeinde, ist Likörfabrikant und Lotterieeinnehmer. Angeregt durch einen älteren Vetter studiert Ehrlich Medizin. Dieser Vetter ist Wissenschaftler und forscht über Bakterien, die er mit Farbstoffen sichtbar macht. Ehrlich erkennt, dass die Zellen ganz unterschiedlich auf die einzelnen Farben reagieren. Er ist davon so fasziniert, dass er später als Student in Breslau, Straßburg, Freiburg und Leipzig kaum das Labor verlässt. Seine Kommilitonen spotten: "Ehrlich färbt am längsten."

1878 geht Ehrlich als Internist an die Charité in Berlin. Als der Mikrobiologe Robert Koch dort vier Jahre später einen Vortrag über Tuberkulose hält, sitzt Ehrlich im Publikum. Koch demonstriert, dass er den Erreger sichtbar machen und die Krankheit damit nachweisen kann. Ehrlich ist beeindruckt, aber nicht zufrieden mit Kochs Präparaten. Er entwickelt innerhalb weniger Tage eine bessere Färbemethode. 1887 erkrankt Ehrlich selbst an Tuberkulose, er hat sich im Labor infiziert. Er quittiert den ungeliebten Dienst an der Charité, der im zuwenig Zeit für Laborexperimente lässt, und verbringt mit seiner jungen Frau zwei Jahre im Süden: im Tessin, in Neapel und schließlich in Ägypten. Nach seiner Rückkehr beginnt Ehrlichs Aufstieg. Koch richtet ihm einen Laborplatz in seinem neuen Institut ein, dem heutigen Robert-Koch-Institut für Infektionskrankheiten. Dort lernt er dessen Assistenten Emil von Behring kennen, der an einem Impfstoff gegen Diphtherie arbeitet. Den beiden gelingt es, das Serum herzustellen. 1896 wird Ehrlich des neu geschaffenen Instituts für Serumprüfung und Serumforschung in Berlin.

Ehrlich entwickelt die sogenannte Seitenketten-Theorie, mit der er die Bildung von Antikörpern erklärt. Demnach können Zellen über sogenannte Rezeptoren (oder Seitenketten) krankmachende Giftstoffe aufnehmen, diese binden und schließlich als Antikörper an die Blutbahn abgeben. "Die Antikörper sind gewissermaßen Zauberkugeln, die ihr Ziel selbst aufsuchen, ohne den Organismus zu schädigen", so Ehrlich. Da diese Immunisierung aber nicht bei allen Infektionskrankheiten funktioniert, versucht Ehrlich, die Erreger "mit chemischen Mitteln abzutöten". Daraus entwickelt er die Chemotherapie; ein Begriff, der heute fast nur noch mit der Krebsthearpie in Verbindung gebracht wird. 1899 zieht das Berliner Institut nach Frankfurt am Main um. Dort entdeckt Ehrlich zehn Jahre später Salvarsan: Diese chemische Zauberkugel ist das erste wirksame Medikament gegen die Syphilis. Bereits 1908 hat Ehrlich den Nobelpreis für die Erforschung der Serumtherapie bekommen, nun wird er 1910 mit dem Beginn der Chemotherapie von Syphilis weltberühmt. Geschwächt von Diabetes und Arteriosklerose stirbt Paul Ehrlich am 20. August 1915 in Bad Homburg an einem Herzinfarkt.

Stand: 14.03.09