Radio - kaum größer als eine Zigarrenkiste und bringt doch die ganze Welt ins Haus. Angelockt von Slogans wie "Wer will unter die Radioten" strömen die Berliner seit dem 4. Dezember 1924 zum neuen Messegelände am Kaiserdamm. Auf der Großen Deutschen Funkausstellung erleben die meisten von ihnen zum ersten Mal mit eigenen Augen und Ohren technische Wunderwerke wie Detektorempfänger, Sendeanlagen und Röhren-Radios. Erst ein Jahr ist es her, seit das altmodische Grammophon als Heim-Unterhaltungsgerät Konkurrenz bekam und 1923 mit der "Funkstunde" aus dem Vox-Haus Berlin der öffentliche Rundfunk aus der Taufe gehoben wurde. Da trifft die erste Funkausstellung in Berlin den Nerv der Zeit. Fasziniert von der neuen weiten Äther-Welt besuchen rund 150.000 Menschen die Stände der 268 Aussteller. 400 bis 500 Reichsmark kostet ein Radio der gehobenen Preisklasse. Wer nicht so viel hat, kauft sich für 50 Mark ein Detektorgerät mit Kopfhörern oder - noch billiger – baut sich sein Radio aus Einzelteilen selbst zusammen.
Die fortan jährlich stattfindende Große Deutsche Funkausstellung löst einen wahren Radio-Boom aus. Ende 1924 sind bereits 549.000 Rundfunkhörer angemeldet. Vier Jahre nach der Premiere werden auf dem Messegelände in Berlin-Charlottenburg erstmals Fernsehapparate vorgestellt. Die bewegten Bilder auf dem 30-Zeilen-Bildschirm sind allerdings nur briefmarkengroß und kaum mit der Lupe zu erkennen. 1930 eröffnet Nobelpreisträger Albert Einstein die 7. Funkausstellung mit einer aufrüttelnden Rede: "Denket daran, dass die Techniker es sind, die erst wahre Demokratie möglich machen! Denn sie machen die Werke der feinsten Denker und Künstler der Gesamtheit zugänglich und erwecken so die Völker aus schläfriger Stumpfheit." Drei Jahre später bellt an gleicher Stelle ein anderer Eröffnungsredner: "Wir machen kein Hehl daraus: Der Rundfunk gehört uns! Niemandem sonst!" Mit Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels findet die demokratische Freiheit des Radios ein jähes Ende. Zum Symbol des gleichgeschalteten Rundfunks wird der konkurrenzlos billig verkaufte Volksempfänger VE 301. Die Deutschen nennen den Kasten bald "Goebbelsschnauze".
Noch auf der Funkausstellung 1939 kündigt die NS-Führung mit großem Getöse den Einheitsfernseher E 1 an. Ein leeres Versprechen, denn der Zweite Weltkrieg beendet sowohl die nationalsozialistischen Medienträume als auch die Ära der Großen Deutschen Funkausstellung. Erst 1950 unternimmt die publikumsträchtige Technik-Schau einen neuen Anlauf. Die Messe geht zunächst auf Wanderschaft und gastiert in Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart. Mit der Einführung des Farbfernsehens – unvergesslich durch einen verspäteten Knopfdruck Willy Brandts – erlebt die Funkausstellung 1967 in West-Berlin eine ihrer Sternstunden. Seit 1971 ist die Messe als "Internationale Funkausstellung" IFA wieder fest in ihrer Gründungsstadt beheimatet. Seither hat sie sich als weltweit größte Fach- und Publikumsschau für Unterhaltungselektronik etabliert. HDTV, Super-Flat-Screens und 3D-Fernsehen, das sind im September 2009 die technischen Highlights der IFA. Ihre 50. Auflage erlebt sie vom 3. bis 8. September 2010 – natürlich in Berlin.
Stand: 04.12.09