Lester Young zählt zu den einflussreichsten Saxofonisten der Jazz-Geschichte. Als einer der Pioniere des Cool Jazz wirkt er für die Entwicklung seines Instruments ähnlich bahnbrechend wie Miles Davis mit seiner Trompete. Sein Bebop-Stil setze derart neue Maßstäbe, dass "noch heute viele Tenorsaxofonisten in Lester Young ihr größtes Vorbild sehen", meint Peter Weniger, Jazz-Saxofonist und Musikprofessor an der Berliner Universität der Künste. Charakteristisch für Young sind sein heller, schlanker Ton und die entspannte, "coole", abgeklärte Spielweise. Als Erster eröffnet er dem Tenorsaxofon ganz neue Klang- und Improvisationsmöglichkeiten neben dem aggressiven, druckvollen Sound des bis dahin dominierenden, energiegeladenen Machos Coleman Hawkins. "Bei Youngs Art zu phrasieren hat man immer das Gefühl gehabt, eigentlich braucht er keine Rhythmusgruppe. Eigentlich ist er die Rhythmusgruppe allein", schwärmt Peter Weniger.
Er sei als Musiker auf die Welt gekommen, sagte Lester Willis Young über sich. Am 27. August 1909 im tiefsten Süden der USA, in Mississippi, als Sohn eines Wandermusikers geboren, beginnt er seine Karriere als Schlagzeuger. Vom strengen Vater ausgebildet, reist Lester schon als Zehnjähriger mit seinen Geschwistern als Familiencombo durch die Lande. Nach acht Jahre hat er die endlosen Streitereien mit dem Vater satt, geht seiner Wege und widmet sich nun ganz dem Tenorsaxofon. Sieben Jahre lang schlägt sich Lester Young in verschiedenen Bands durch und entwickelt dabei seine eigene Spieltechnik, für die er zunächst reichlich Spott hinnehmen muss. Doch 1934 engagiert ihn Bigbandleader Count Basie, und Young spielt für einen Dollar fünfzig die Nacht im Reno-Club in Kansas City, dem " place to be" für einen Jazzmusiker jener Zeit.
Damals lernt Lester Young die Sängerin Billie Holiday kennen, die ihm seinen berühmten Spitznamen " President" oder kurz "Pres" (auch " Prez") verpasst. Aus ihrer innigen Freundschaft, für beide die glücklichste und kreativste Phase ihres Lebens, entstehen "He ain't got rhythm" und viele andere unvergessene Jazz-Produktionen. Das Zusammenklingen von Holidays bittersüßer Stimme und Youngs eleganter Spielweise bezeichnet Peter Weniger als bis heute unerreicht in der Geschichte des Jazz. Nach Triumphen wie etwa 1938 bei den Carnegie-Hall-Konzerten mit Benny Goodman und den legendären "Tenor Battles" mit Herschel Evans, seinem Tenorsax-Kollegen in der Count-Basie-Band, markiert dessen Tod 1939 den Wendepunkt in Youngs Leben. Durch die Trauer um den engen Freund wird er zum Alkoholiker. Mitte der 40er Jahre muss Young außerdem während seiner Militärzeit wegen Marihuana-Besitzes ein Jahr im Straflager absitzen; bei seiner Entlassung ist der sensible schwarze Musiker endgültig ein gebrochener Mann.
Einige bedeutende Einspielungen gelingen Lester Young noch, doch während der 50er Jahre forcieren Alkohol- und Drogenmissbrauch seinen musikalischen und körperlichen Verfall. Als "Pres " im Februar 1959 ein Engagement im Pariser Blue Note Club annimmt, ist er nur noch ein ausgebrannter, geistesabwesender Schatten seiner selbst. Am 15. März 1959, einen Tag nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten, wird Lester Young in seinem New Yorker Hotelzimmer tot aufgefunden. Diagnose: Leber-Zirrhose und Unternährung.
Stand: 27.08.09