Der Mann mit der markanten Nase hat sein Noten-Metier von der Pike an gelernt. Am 5. Juni 1935 als Günter Maier in Bad Kissingen geboren, erhält der Sohn eines Postbeamten schon mit sechs Jahren Klavier-Unterricht. Nach der Schulzeit studiert er von 1955 bis 1958 am Bayerischen Staatskonservatorium in Würzburg Piano und Kompositionslehre. Inspiriert von amerikanischen Bandleadern wie Glen Miller und Count Basie finanziert Maier sein Studium mit Auftritten der von ihm mitgegründeten Hep Cats Combo. 1961 dann der erste wichtige Karrieresprung: Das RIAS-Tanzorchester holt den schlaksigen Perfektionisten zunächst als Pianisten, dann als Dirigenten nach Berlin, wo Maier die Bekanntschaft mit Hildegard Knef macht. Als ihm die große Chansonsängerin 1966 die musikalische Leitung ihrer ersten Europa-Tournee anvertraut, legt sich Maier einen prägnanteren Nachnamen zu: Nach einer bekannten Villa in seiner Heimatstadt nennt er sich nun: Günter Noris.
Swing in Uniform
Als Pianist und Arrangeur wechselt Günter Noris im folgenden Jahr zum WDR nach Köln und sammelt mit dem Rundfunk-Tanzorchester auf einer Tour durch Japan weitere Erfahrung als Bandleader. 1971 erhält Noris von einem Freund den Job seines Lebens: Verteidigungsminister Helmut Schmidt, selbst passionierter Hobby-Pianist, beauftragt Günter Noris mit der Gründung einer modernen Bigband der Bundeswehr. Bei den Olympischen Spielen 1972 in München absolvieren die aus 20 Armeemusikkorps rekrutierten Musiker in Uniform gleich auf ganz großer Bühne ihren ersten Auftritt – mit der Erkennungsmelodie der Band, dem von Noris komponierten "Happy Zapfenstreich". Fortan gehört das ungewöhnlich swingende Militär-Orchester, das Noris auch bei Plattenaufnahmen als privater Unternehmer managt, bei Groß-Events wie Tanz-Weltmeisterschaften oder der Fußball-WM 1974 zur allerersten Garnitur.
Tanzen lernen mit Günter Noris
Mehr als ein Jahrzehnt hält die ebenso ungewöhnliche wie erfolgreiche Allianz zwischen dem "ungedienten" Zivilisten und der Bundeswehr-Bigband. Doch dann häufen sich hinter den Kulissen die Dissonanzen. 1983 schließlich kapituliert Günter Noris vor dem bürokratischen Korsett, in das ihn die Bundeswehr zunehmend presst und kündigt seinen Vertrag mit der Hardthöhe. Der neben Max Greger, Paul Kuhn und Hugo Strasser beliebteste deutsche Bandleader gründet seine eigene, ganz zivile "Günter Noris Big Band", die er mit Auftritten in Fernseh-Shows, bei Galas wie dem Frankfurter Opernball oder als Begleitung von Ray Charles bei dessen Deutschland-Tournee erfolgreich etabliert. Unzählige Tanzschüler lernen ihre Schritte nach Platten, die Noris in den 80er Jahren zusammen mit dem Deutschen Tanzlehrerverband einspielt.
Rund 2.500 Auftritte absolviert Günter Noris in seiner über 40 Jahre dauernden Karriere, bis er sich schwer erkrankt in seiner Villa in Kerpen-Horrem zurückziehen muss. Mit einem bewegenden Brief verabschiedet er sich von seinen Musikern und stirbt dort am 27. November 2007 im Alter von 72 Jahren.
Stand: 05.06.10