Stichtag

24. Dezember 2010 - Vor 2010 Jahren: Jesus von Nazareth wird geboren

Ein Junge wird geboren. Irgendwo im Palästina. Er heißt Jeschua, was auf Hebräisch "Gott hilft" bedeutet. Über das Griechische in das Lateinische wird daraus später: Jesus. Dass der Mensch Jesus gelebt hat, darüber sind sich Wissenschaftler seit langem einig. Denn mehrere Quellen erwähnen ihn: der jüdische Historiker Josephus Flavius, die Römer Tacitus und Sueton. Das genaue Geburtsdatum ist jedoch unbekannt. "Es gibt das Jahr Null sowieso nicht", sagt Professor Dieter Vieweger. Der Theologe und Archäologe leitet in Jerusalem das Deutsche Evangelische Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes. "Man muss Jesu Geburt in jedem Fall vor der Zeitrechnung ansehen."

Bekannt ist, dass Jesus während der Regierungszeit von Kaiser Augustus zur Welt gekommen ist. Damals herrscht in Jerusalem Herodes der Große, eingesetzt von der römischen Besatzungsmacht, deren Statthalter Quirinius ist. Das eröffnet für das Geburtsdatum den möglichen Zeitraum von vier bis acht Jahren vor der christlichen Zeitrechnung. Wahrscheinlich findet die Geburt im Jahre sieben oder acht vor Christus statt, denn Quirinius ist bis sieben vor Christus im Amt. Zudem beobachten etwa sieben vor Christus Astronomen ein Himmelsphänomen, das später als Stern von Bethlehem bezeichnet wird: die große Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische.

"Liebe Deinen Nächsten"

Auch der mutmaßliche Geburtsort ist nicht Bethlehem. Die Stadt Davids ist später nur wichtig, um der Nachwelt die Bedeutung des Mannes mitzuteilen. Wahrscheinlicher sind die Orte Nazareth und Kafarnaum am See Genezareth. Dort, in Galiläa, wächst Jesus auf. Von seinem gut 30-jährigen Leben ist wenig bekannt. Zum Schluss tritt er als Wanderprediger und Wunderheiler auf, das ist überliefert. Vermutlich kennt er die Esener, eine jüdische Sekte, die sich radikal von der korrupten Priesterkaste im Tempel von Jerusalem, den Sadduzäern, distanziert. Dann trifft Jesus auf Johannes den Täufer, lässt sich von ihm taufen und verbreitet dieselbe Botschaft wie der Täufer: Umkehr zum Willen Gottes. "Der war in der Tora, also in den Büchern des Moses, festgelegt", sagt Professor Ludger Schenke, katholischer Theologe und Neutestamentler aus Mainz. Jesus habe die Thora auf ihren Kern zugespitzt: auf die Botschaft "Liebe Deinen Nächsten". "Jesus wollte keine eigene und vor allen Dingen keine neue Religion gründen", so Schenke. "Es ging ihm um den Gott des Alten Testaments, um den Gott Israels, den er Vater nennt." Sein Ziel sei eine Erneuerung der Tradition Israels gewesen.

Kirchliche Strukturen und weltliche Macht

Seine Anhänger sehen Jesus als König der Juden, als Messias, den die Propheten vorausgesagt haben. Für die Römer und die korrupten jüdischen Tempelpriester ist er damit eine Gefahr. Sie machen kurzen Prozess mit Jesus und richten ihn wie einen Verbrecher am Kreuz hin. Doch damit ist die Geschichte von Jesus für seine Anhänger nicht zu Ende. Sie sind überzeugt, dass er nach seinem Tod wieder kommt und zum wirklichen Herrscher wird. Aus der zunächst jüdischen Sekte entsteht allmählich das Christentum. Schon früh erkennen die römischen Kaiser das politische Potenzial dieser friedliebenden Religion und fördern sie. Erst als einige frühchristliche Gemeinden den römischen Kaiserkult in Frage stellen, reagiert die Staatsgewalt mit Verfolgung. Gleichzeitig streiten sich die Christen untereinander immer wieder um den wahren Glauben. Es kommt zu Abspaltungen, nach und nach bilden sich kirchliche Strukturen, bald geht es auch um weltliche Macht.

Die Frage, ob Jesus Mensch und Gottessohn ist, klärt das Konzil von Nicäa, das 325 von Kaiser Konstantin I. einberufen wird. Die versammelten Bischöfe einigen sich auf die Dreieinigkeit Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die christliche Zeitrechnung setzt sich erst im 6. Jahrhundert durch. Der Geburtstag Jesu wird auf den 25. Dezember festgelegt, der Vorabend am 24. Dezember wird zum Heiligen Abend erklärt.

Stand: 24.12.10