"Stille Tage in Clichy", "Der Schattenmann", "Der große Bellheim": Mario Adorf hat in über 120 Kino- und Fernsehfilmen gespielt und ist dafür mehrfach ausgezeichnet worden. Darunter sind Bundesfilmpreise, die Goldene Kamera, der Adolf-Grimme-Preis und das Große Bundesverdienstkreuz. Seinen ersten großen Kinoerfolg hat er 1957 als naiv-brutaler Massenmörder in "Nachts, wenn der Teufel kam". Damit ist er lange auf die Rolle des Bösewichts festgelegt. In "Winnetou I" erschießt er 1963 als Schurke Santer Winnetous Schwester Ntscho-tschi. Mitte der 1960er Jahre spielt Adorf vor allem in italienischen Filmen mit. Er verkörpert unter anderem in "Die Ermordung Matteottis" den Faschistenführer Benito Mussolini. Später wirkt er als Rächer in der italienischen Serie "Allein gegen die Mafia" mit. Ende der 1970er Jahre ist er auch als Darsteller im sogenannten Neuen deutschen Film gefragt: Mit Volker Schlöndorff dreht er "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" und "Die Blechtrommel" sowie mit Rainer Werner Fassbinder "Lola".
Sechs Jahre im Waisenhaus
Geboren wird Mario Adorf am 8. September 1930 in Zürich - als uneheliches Kind einer deutschen Röntgenassistentin und eines italienischen Chirurgen, der schon verheiratet ist. Mutter Alice Adorf zieht mit ihrem Sohn nach Mayen in der Eifel, wo sie selbst zur Schule ging. Mario ist drei Jahre alt, als ihn seine Mutter in das von Nonnen geführte Mayener Waisenhaus bringt: Als Alleinstehende kann sie ihren Sohn bei ihrer Arbeit als Näherin nicht brauchen. "Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich dich abgetrieben", sagt sie ihm später an ihrem 80. Geburtstag. Mario bleibt sechs Jahre im katholischen Waisenhaus. Am Wochenende darf er seine Mutter besuchen, die mit ihm spazieren geht. "Angst und Hunger - das waren die beiden Grunderfahrungen meines Lebens", sagt Mario Adorf rückblickend. "Das hat mich auch nie ganz losgelassen." Das Leben im Waisenhaus endet, als es die Nazis 1939 zum Kriegslazarett umwandeln. Mario zieht zu seiner Mutter, macht Abitur und studiert ab 1950 in Mainz und Zürich Philosophie und Theaterwissenschaften. Seinem 1957 verstorbenen Vater begegnet Adorf nur einziges Mal: "Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass mir jetzt mein Vater gefehlt hat."
Sprachbegabung und Schriftstellerei
1953 beginnt Adorf eine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Nach seinem Abschluss gehört er bis 1962 zum Ensemble der Münchner Kammerspiele. Seine erste Filmrolle hat Adorf in der Landser-Trilogie "08/15". Darin spielt er einen Landser mit rheinischem Dialekt: "Ich hatte die Idee, dass der Landser, den ich zu spielen hatte, nicht hochdeutsch sprechen darf, weil er einfach ein rheinisches Schlitzohr ist." Für Adorf bleibt das Rheinische seine ureigene Sprache, auch wenn er sich während seiner Karriere weitere Sprachen perfekt aneignet: Seine Rollen in italienischen, amerikanischen und französischen Filmen spricht er bald selbst. Anfang der 1990er Jahre entdeckt Adorf seine Liebe zur Schriftstellerei: Neben Erzählbänden wie "Der Mäusetöter" (1992) erscheinen auch seine Autobiographie "Himmel und Erde" (2004) und Erinnerungen an seine 1998 verstorbene Mutter: "Mit einer Nadel bloß" (2005). Adorf lebt mit seiner französischen Frau Monique, die er 1985 geheiratet hat, in St. Tropez und München. Seine Wohnung in Rom hat er 2004 aufgegeben.
Stand: 08.09.10