Stichtag

04. August 2010 - Vor 950 Jahren: Philipp I. wird König von Frankreich

"Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen, die Gesetze des Landes zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen", verkündet seine Knabenstimme am 4. August 1060. Philipp I. wird im Alter von acht Jahren König von Frankreich und tritt ein schweres Erbe an: Wie sein Vater muss er die königliche Gewalt gegen die Interessen einer Vielzahl mächtiger Fürsten festigen. Obwohl wenig erfolgreich, hält sich Philipp I. lange an der Macht: Er regiert fast 50 Jahre lang, das ist die drittlängste Amtszeit eines französischen Königs. Überliefert ist auch sein abenteuerliches Liebesleben, das ihm den Kirchenbann des Papstes einbringt.

Herausforderungen für den jungen König

Geboren wird er 1052 ins kapetingische Königshaus, als Sohn des französischen Königs Heinrich I. Als Siebenjähriger wird er bereits Mitregent des Vaters, nach dessen Tod alleiniger König. Tatsächlich führt aber der wichtigste Bündnispartner des Vaters die Regierungsgeschäfte, Graf Balduin von Flandern. Das französische Königreich ist im 11. Jahrhundert kein homogenes Staatsgebilde, sondern ein Zusammenschluss vieler mächtiger Fürstentümer. Das Gefüge gerät 1066 aus dem Gleichgewicht, als der Herzog der Normandie, Wilhelm, England erobert und das anglo-normannische Reich begründet. Dieser Machtzuwachs schadet der französischen Monarchie, er ist die größte außenpolitische Herausforderung für den jungen König. 1067 übernimmt Philipp I. die Regierung, mit dem Alter von 15 Jahren gilt er als volljährig. Doch er schafft es nicht, das anglo-normannische Reich dauerhaft zu schwächen. Der Schwerpunkt von Philipps Aktivitäten beschränkt sich deswegen auf die Regionen von Paris und Orléans.

Philipp I. im Streit mit dem Papst

Glimpflicher geht die zweite große Herausforderung seiner Amtszeit aus, der Investiturstreit, der ab 1070 sowohl mit dem deutschen König Heinrich IV. (bekannt geworden durch den Gang nach Canossa 1076/77) als auch dem französischen König Philipp I. ausgetragen wird. Hintergrund ist die Machtfrage zwischen Papsttum und weltlichen Herrschern: Wer darf Bischöfe einsetzen und ihnen Privilegien wie Land und Herrschaftsrechte zukommen lassen? Für Papst Gregor VII. steht fest: "Alle Fürsten sollen allein des Papstes Füße küssen." Da Philipp I. bei der Besetzung einiger Bischöfe Zugeständnisse an den Papst macht, kommt es bald zu einer einvernehmlichen Lösung.

Kirchenbann nach Liebesaffäre

1094 wird Philipp I. dennoch aus der Kirche geworfen - wegen einer Liebesaffäre. Philipp I. ist mit Bertha von Holland verheiratet, liebt aber die schöne Bertrada von Anjou. Sie allerdings ist mit dem Grafen von Anjou verheiratet. Philipp I. folgt seinen Gefühlen bedingungslos: Er verstößt die erste Frau mit der Begründung, sie sei zu dick. Das berichtet zumindest ein zeitgenössischer Geschichtsschreiber. Dann entführt er Bertrada von Anjou und lässt diese irreguläre Verbindung vom Bischof von Senlis als rechtmäßige Ehe segnen. Der Papst exkommuniziert Philipp I. daraufhin, erst Jahre später kommt es wieder zu einer Annäherung zwischen dem französischen Königshaus und dem Papsttum: 1107 begründen beide Seiten gar ein Bündnis, das Frankreichs Stellung im Vatikan langfristig untermauert. 1108 stirbt Philipp I. - da hat sein Sohn Ludwig bereits einen Großteil der Regierungsgeschäfte übernommen.

Stand: 04.08.10