England feiert sich gern als Mutterland des Fußballs – und des modernen Toilettenwesens. Zwar haben sich unbestreitbar immer wieder Engländer um den Fortschritt der Aborttechnik verdient gemacht. Doch an einer effektiven Exkrementbeseitigung mittels fließend Wasser und geradezu luxuriös gestalteten öffentlichen Toilettenanlagen erfreut sich bereits das römische Kaiserreich. Eine erhaltene Inschrift an solch einer Prachtlatrine lautet: "Cacator cave malum! Aut si contempseris, habeas Jocem iratum" (Hüte dich auf die Straße zu kacken! Sonst wird Jupiters Zorn dich treffen!). Dank eines ausgefeilten Systems von Abwasserkanälen, der Cloaca maxima, wird der ganze stinkende Unrat über den Tiber aus Rom hinausgespült.
Vom Kackstuhl zum Water Closet
Mit dem Untergang des Römischen Reiches verschwinden auch öffentliche Toilettenanlagen und Kanalsysteme. Rund tausend Jahre lang wird die Notdurft einfach am Straßenrand verrichtet und ein voller Nachttopf schlicht aus dem Fenster auf die Straße gekippt. Feine Herrschaften lassen sich auf sogenannten Kackstühlen nieder und erleichtern sich auch ganz ungeniert in Gesellschaft. Um 1590 ersinnt der Patensohn von Königin Elisabeth I. von England, Sir John Harrington, das erste Klosett mit individueller Wasserspülung. Der entscheidende Fortschritt gegen die bis dahin unvermeidliche Geruchsbelästigung gelingt aber erst knapp 200 Jahre später einem Londoner Uhrmacher. Am 3. Mai 1775 meldet Alexander Cummings ein "Water Closet" zum Patent an, dessen wichtigste Neuerung in einem zweifach gekrümmten Abflussrohr besteht. Die Exkremente fallen sofort in das Wasser des nach dem Prinzip kommunizierender Röhren stets gleich hoch gefüllten Syphons. Bereits im Ansatz wird so die Entwicklung übler Gerüche verhindert.
Die Queen bringt das WC nach Deutschland
Für eine weite Verbreitung dieser ersten modernen Toilette ist die Zeit aber technisch wie kulturell noch nicht reif. Die Menschen benutzen weiter den bewährten Nachttopf und den Donnerbalken hinter dem Haus. In ganz Europa stinkt es mörderisch. Mit dem Anwachsen der großen Industriestädte in der Mitte des 19. Jahrhunderts wird die herkömmliche Fäkalienentsorgung zum ernsten Gesundheitsproblem: Vor allem in den riesigen Mietskasernen der Arbeiter greifen Epidemien wie die Cholera um sich, öffentliche Hygiene wird immer dringlicher. Doch erst der Aufbau von zentraler Wasserver- und -entsorgung durch unterirdische Kanalisationen wie einst im alten Rom, ermöglicht schließlich den Durchbruch des Wasserklosetts auf breiter Front. Das erste WC in Deutschland kommt übrigens wieder aus England. Queen Victoria lässt es 1860 auf Schloss Ehrenburg in Coburg installieren. Hundert Jahre weiß man von ihrer Nachfahrin Elizabeth II., dass sie bei Staatsbesuchen stets vorsichtshalber eine 100.000-Mark-Edeltoilette aus Mahagoni mitführt.
Stand: 03.05.10