Stichtag

28. November 2010 - Vor 350 Jahren: Gründung der Royal Society

Am 1. April 2010 wird Angela Merkel eine hohe Ehre zuteil. Für die "außergewöhnliche Förderung von Forschung und Wissenschaft" erhält die Bundeskanzlerin in London die "King Charles II Medal" der altehrwürdigen Royal Society. Knapp 350 Jahre zuvor, am Abend des 28. November 1660, nimmt die Historie der ältesten Gelehrten-Vereinigung der Welt ihren Anfang. Nach einem Vortrag des jungen Astronomen und Architekten Christopher Wren beschließen zwölf Wissenschaftler und Forscher des Gresham College, sich künftig wöchentlich zum Gedankenaustausch zu treffen. Zusammen mit Wren, der bald als genialer Baumeister Londons Geschichte schreiben wird, gründen sie in typisch englischer Manier einen Club, die "Vereinigung zur Förderung physikalisch-mathematischer, experimenteller Gelehrsamkeit".

Forschung als Teamwork

Es ist die Geburtsstunde der modernen Naturwissenschaft. Denn gemäß ihrem Motto "Nullius in Verba" (etwa: sich nach niemandes Worten richten) will sich die Vereinigung nicht damit begnügen, die in ganz Europa aufkommenden neuesten wissenschaftlichen Thesen zu diskutieren. Vor allem wollen die Gelehrten deren Stichhaltigkeit in Experimenten überprüfen und – so die für damalige Verhältnisse revolutionäre Idee - im Teamwork der besten Köpfe weiter erforschen. Nach Jahrzehnten politischer Wirren, einem blutigen Bürgerkrieg, der Enthauptung König Karls I. und Oliver Cromwells quasi-diktatorischem Regime, scheint nun unter Karl II. die Zeit reif, den in allen Bereichen aufblühenden Naturwissenschaften endlich den ihnen gebührenden Stellenwert einzuräumen.

Weltweites Korrespondenten-Netz

Angeführt von dem weltgewandten Diplomaten Robert Moray gelingt es den Gentlemen-Forschern, ihren Monarchen von der Bedeutung der Vereinigung und deren praktischem Nutzen für die Krone zu überzeugen. Zwei Jahre nach der Gründung adelt Karl II. den Gelehrten-Club zur königlichen Gesellschaft, zur "Royal Society". Außerdem erteilt er den Gründungsmitgliedern das verbriefte Recht, wissenschaftliche Erkenntnisse und Versuchsergebnisse unzensiert zu veröffentlichen. Binnen weniger Jahre installiert die Royal Society ein weltweites Netz von Korrespondenten, das seither geografische Daten, Beobachtungen von Naturphänomenen und Berichte über die Arbeit ausländischer Forscher nach London meldet.
Zusammen mit den Versuchsberichten der eigenen Mitglieder werden sie seit 1665 im Hausjournal der Royal Society, den "Philosophical Transactions", veröffentlicht. Es ist das älteste Wissenschafts-Periodikum, das bis zum heutigen Tag regelmäßig erscheint. Nach 350 Jahren Forschungsarbeit im Dienst des Vereinigten Königreichs hat sich die einst als Zwölfer-Club engagierter Individualisten gegründete Royal Society zu einem weltweit agierenden Netz von mehr als 2.000 Spitzenwissenschaftlern aller Fakultäten entwickelt. Ihre Devise damals wie heute: "The Promotion of Knowledge" – Fortschritt und Verbreitung von Wissen.

Stand: 28.11.10