Stichtag

11. Mai 2004 - Vor 10 Jahren: Das erste Kabinett Berlusconi wird vereidigt

"Ich konnte damals nicht glauben, was ich da sah. Wir saßen völlig schockiert vor dem Fernseher", erzählt die Mailänderin Maria Rosa Ventura. Was die Zeitzeugin an diesem 11. Mai 1994 sieht, ist die Vereidigung der neuen Regierung in Rom: Mit  geradezu demonstrativ versteinerter Miene unterschreibt Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro die Ernennungsurkunden von 26 Ministern, unter denen sich nur eine Frau befindet. Sie gehört mit vier ihrer Kollegen zur Alleanza Nationale, der Nachfolgepartei der Faschisten, die erstmals an einer italienischen Nachkriegsregierung beteiligt sind.Während Scalfaro eher widerwillig seine Pflicht tut, lächelt einer unentwegt in die Kameras, wenn er nicht gerade seine neuen Minister in die Arme schließt: Silvio Berlusconi, der neue Ministerpräsident, ist am Ziel. Dabei hat er erst fünf Monate zuvor seine Partei gegründet, die er nach einem Schlachtruf italienischer Fußballfans benennt: "Forza Italia" - Vorwärts Italien. Die allein auf Berlusconi zugeschnittene Partei erhält bei den Wahlen im März 21 Prozent der Stimmen und ist damit aus dem Stand heraus stärkste politische Kraft im Land.

Seine Wähler sehen in Berlusconi den Manager, der die Firma Italien wieder flott machen kann. Schließlich ist der Milliardär Präsident eines erfolgreichen Fußballvereins (AC Mailand) und eines Medienimperiums (Fininvest). Gerade deshalb bangen seine Gegner an diesem Tag um die Demokratie Italiens. "Wir Italiener hatten jemand zu unserem Ministerpräsident gewählt", sagt Rosa Ventura, "gegen den wegen Bilanzfälschung und Schmiergeldzahlungen ermittelt wurde. Wir waren sprachlos."
Die erste Regierung Berlusconi bleibt nicht lange im Amt. Im Dezember 1994 lässt die separatistische Lega Nord die Koalition platzen. Aber seit Mai 2001 regiert Berlusconi erneut - und auch die Gerichtsverfahren gegen ihn laufen immer noch.


Stand: 11.05.04