"Confessio est regina probationum" - das Geständnis ist die Königin der Beweise, lautet ein grundlegendes Prinzip des antiken römischen Rechts. Die Folter gilt dabei als völlig legales Mittel, von beharrlich schweigenden Angeklagten ein Geständnis zu erzwingen. Im 13. Jahrhundert lässt Kaiser Friedrich II. die Folter gegen Ketzer zu. Papst Innozenz IV. bestätigt 1252 in seiner berüchtigten Bulle "Ad extirpanda" die Rechtmäßigkeit der gewaltsamen Überführung von Beschuldigten. Mit den massenhaft durchgeführten Hexenprozessen in den folgenden Jahrhunderten wandelt sich die Folter vom Instrument höchstrichterlicher Gewalt zu einer alltäglichen, gegen jedermann angewandten Tortur. Quetschen, zerschmettern, versengen, zerreißen – an sadistischen Fantasien, den Folteropfern mit ausgeklügelten Apparaten unerträgliche Qualen zuzufügen, fehlt es dabei zu keiner Zeit. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts macht ein Professor der Universität Halle mit einer Streitschrift gegen das "gottlose Fiasko des Strafrechts" Furore.
"bey denen Inquistionen die Tortur gaenzlich abzuschaffen"
Durch die Folter, argumentiert der Rechtsgelehrte Christian Thomasius, werden Angeklagten Strafen auferlegt, die an Grausamkeit diejenigen weit übertreffen, die sie erhalten würden, wenn ihre Schuld bewiesen wäre. Dass Unschuldige zudem aus Angst oft Verbrechen gestehen, die sie nie begangen haben, wird schon lange insgeheim billigend in Kauf genommen. Als erster Monarch erlässt Friedrich Wilhelm I. von Preußen 1714 eine Order, nach der jede einzelne Anwendung der Folter von ihm persönlich zu genehmigen sei. Sehr viel weiter geht aber erst der vom "Soldatenkönig" als "effeminierter" Weichling verachtete Sohn. Am 3. Juni 1740, drei Tage nach dem Tod seines Vaters, dekretiert Friedrich II., später "der Große", als erster Herrscher auf deutschem Boden: "Seine Koenigliche Majestaet in Preussen haben aus bewegenden Ursachen resolviret, in Dero Landen bey denen Inquistionen die Tortur gaenzlich abzuschaffen."
Vom Folterverbot zum Indizienprozess
Auch Friedrich lässt zunächst noch Ausnahmen zu – bei Majestätsverbrechen, Landesverrat und großen Mordtaten. Allerdings ist kein Fall bekannt, in dem der König die Folter noch bewilligt hätte. 1754 erneuert Friedrich II. das allgemeine Folterverbot, nun ohne jede Ausnahme. Aus Rücksicht auf Staatsraison und Jurisprudenz bleibt es aber geheim und die bloße Androhung der Folter weiter erlaubt. Denn seine Juristen stellt Friedrich mit dem Wegfall der seit römischen Zeiten ultimativen Beweisführung vor ein großes Problem: Wie nun im Zweifel zum Schuldspruch kommen? Friedrich antwortet lapidar: Ungeständige Delinquenten, "die staerkste und sonnenklare Indicia und Beweise wider sich haben", seien dennoch zu verurteilen. Damit führt der Preußen-König den noch heute oft umstrittenen Indizien-Prozess in die Rechtsprechung ein.1948 legen die Vereinten Nationen in ihrer Erklärung der Menschrechte fest: "Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden." Der aktuelle Jahresbericht 2010 der Menschenrechtsorganisation Amnesty International konstatiert: "Aus mehr als 150 Ländern liegen Berichte über Folterungen oder Misshandlungen durch Angehörige staatlicher Stellen vor. In über 70 Ländern wird systematisch gefoltert."
Stand: 03.06.10