Stichtag

10. Februar 1936 - Preußisches Gesetz über die Gestapo erlassen

Gestapo: Sieben Buchstaben, die im "Dritten Reich" jeder kennt. Sie stehen für Geheime Staatspolizei - und bedeuten Terror und Tod. "Das war keine Polizei, die gegen Ausschreitungen, gegen Mord, Freiheitsberaubung und Raub einschritt", sagte Hans Bernd Gisevius 1946 im Nürnberger Prozess. Er war selbst hoher Gestapo-Beamter, bevor er in den Widerstand ging. Das sei eine Polizei gewesen, "die diejenigen schützte, die sich solcher Exzesse schuldig machten."

Die Hetzjagd auf angebliche Volksfeinde beginnt schon kurz nach der Machtübernahme 1933. Die Nazis bezichtigen die Kommunisten, den Reichstag in Brand gesteckt zu haben, und erlassen mit der "Reichstagsbrandverordnung" ein Notstandsgesetz - angeblich zur Abwehr staatsfeindlicher Gewaltakte. Tatsächlich aber werden wesentliche Grundrechte außer Kraft gesetzt. Der Gestapo wurde das Recht zugestanden, Menschen in "Schutzhaft" zu nehmen. Das heißt, zu verhaften und in Konzentrationslager (KZ) zu bringen. Ende Juli 1933 sitzen bereits über 26.000 Gefangene in Lagern fest.

Rechtlich verankerte Rechtslosigkeit

Zunächst gibt es die Gestapo nur in Preußen, ab 1934 im ganzen Reich. Mit insgesamt drei sogenannten Gestapo-Gesetzen wird Hitlers Verfolgungsbehörde schrittweise zentralisiert und aus allen staatlichen Strukturen herausgelöst. So entsteht ein Gewaltapparat, den die Nazis völlig unkontrolliert und allein nach politischen Vorgaben einsetzen können. Höhepunkt dieser Entwicklung ist die Verordnung vom 10. Februar 1936. Per Gesetz wird darin festgelegt: Die Gestapo braucht sich an keinerlei Gesetz zu halten. Was immer sie tut, um Oppositionelle auszuschalten oder die NS-Rassenpolitik durchzusetzen, alles ist legal: Folter, Mord, Verschleppung ins KZ. In Paragraf sieben heißt es: "Verfügungen und Anordnungen der Geheimen Staatspolizei unterliegen nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte." Damit muss sich die Gestapo vor keiner Instanz mehr rechtfertigen, ihre Gewaltherrschaft ist schrankenlos.

An der Spitze der Gestapo steht ab 1936 Heinrich Himmler, in der Bevölkerung als "Reichsheini" bekannt. Er ist gleichzeitig Chef der "Schutzstaffel" (SS) und der gesamten deutschen Polizei. Der aus Bayern stammende Parteifunktionär hat in Dachau das erste KZ eingerichtet. Himmlers rechte Hand ist Reinhard Heydrich, der so effizient arbeitet, dass ihn Hermann Göring später mit der sogenannten Endlösung der Judenfrage beauftragt. Heydrich leitet ab 1936 die Zentrale der Gestapo in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße: das Geheime Staatspolizeiamt.

Denunzianten unterstützen die Gestapo

Die Gestapo wird - neben den Konzentrationslagern - zum wichtigsten Herrschaftsinstrument der Nazis. Unterstützt wird sie dabei von freiwilligen Spitzeln: von Nachbarn, Blockwarten, Kollegen, Vorgesetzten, selbst Freunden und Familienangehörigen. Aktenvermerke belegen das, Zeitzeugen berichten davon. Nach 1945 will jedoch kein Deutscher je einen anderen verraten haben. In Nürnberg wird die Gestapo als verbrecherische Organisation eingestuft. Heydrich kann nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Er wurde 1942 bei einem Attentat getötet. Himmler begeht in einem britischen Gefangenenlager mit einer versteckten Giftkapsel Selbstmord. Etliche Kriminalbeamte, die während der Nazi-Zeit bei der Gestapo waren, dürfen nach dem Krieg schon bald wieder als Kriminalpolizisten arbeiten. 

Stand: 10.02.2011

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