"Hoppe Hoppe Gründgens, die kriegen keine Kindgens; und wenn die Hoppe Kindgens kriegt, dann sind sie nicht von Gründgens." So spotten die Berliner über eine der prominentesten Hochzeiten des Jahres 1936: Gustaf Gründgens, Intendant des Preußischen Staatstheaters, heiratet am 22. Juni die Schauspielerin Marianne Hoppe. Doch Gründgens' Homosexualität ist allgemein bekannt – und Schwule werden im Dritten Reich verfolgt. Ist die Ehe ein Alibi? Birgit Pargner, Leiterin des Archivs im Deutschen Theatermuseum in München, die eine Biographie über Marianne Hoppe geschrieben hat, erklärt: "Gründgens hat sowohl Männer- als auch Frauenbeziehungen gehabt. Wenn man seine Briefe liest, die er ihr geschrieben hat, war es ganz klar eine tiefe Liebe."
Heiratsantrag im Auto
Gründgens ist als Schauspieler berühmt für seine Darstellung des Mephisto, den er über 600-mal interpretierte. 1931 wird er als Regisseur am Preußischen Staatstheater verpflichtet, 1934 auch als Intendant. Doch im Frühjahr 1936 attackiert ihn der "Völkische Beobachter" für seine Darstellung des Hamlet. Der Angriff zielt so unmissverständlich auf seine Homosexualität, dass der Schauspieler in Panik gerät und nach Basel flüchtet. Hermann Göring, sein Gönner, sichert ihm Immunität zu. Gründgens kehrt zurück und macht seiner zehn Jahre jüngeren Kollegin Marianne Hoppe sofort einen Heiratsantrag. "Ich war selbst überrascht, aber sagte sofort ja", erinnert sie sich. Wenige Wochen später wird das Paar in Berlin getraut. Es ist Gründgens zweite Ehe, zuvor war er mit Erika Mann verheiratet. Nach der standesamtlichen Trauung fahren er und Hoppe mit den Hochzeitsgästen aufs Land. Man schwimmt im See, isst gemeinsam zu Mittag. Auf ihrem Platz findet die Braut das Hochzeitsgeschenk: Ein von Gründgens selbst verfasstes Drehbuch nach Fontanes Roman "Effi Briest", das er mit ihr in der Hauptrolle verfilmen will. Nach dem Essen zieht sich der Bräutigam zurück, denn am Abend muss er wieder in Berlin auf der Bühne stehen, in seiner Paraderolle als Hamlet.
Gemeinsame Leidenschaft fürs Theater
Die Arbeit steht in der Ehe immer im Vordergrund: Sie spielt unter seiner Regie die großen Rollen am Staatstheater, als Hamlet und Ophelia stehen sie gemeinsam auf der Bühne. Im Dritten Reich sind sie Stars, verdienen ein Vermögen und schwelgen im Luxus. Nach Kriegsende wird Gustaf Gründgens als Kollaborateur von den Russen verhaftet und verbringt neun Monate in einem Lager. In dieser Zeit verliebt sich Marianne Hoppe in einen britischen Offizier und wird schwanger. Auch nach der Scheidung 1946 schätzen sie sich, er holt sie später an sein Theater nach Düsseldorf. Gründgens' überraschender Tod auf einer Weltreise 1963 in Manila trifft Marianne Hoppe schwer. Mit über 70 sagt sie: "Treu bin ich ihm immer geblieben, in großen Beziehungen ist man treu."
Stand: 22.06.2011
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