Union-Jack

Stichtag

22. Juli 1706 - England und Schottland vereinbaren Union

Geht es nach dem Willen der meisten Schotten, dann findet sich "Großbritannien" bald nur noch in den Geschichtsbüchern wieder. Die Entdeckung von Erdöl in der schottischen See in den 1960er-Jahren hat das Nationalbewusstsein des nördlichen Inselvolks beachtlich steigen lassen. Seit 1999 besitzen die Schotten mit Edinburgh wieder eine eigene Hauptstadt und wählen ihr eigenes Parlament - neben dem Parlament aller Briten in London. Die SNP, die Schottische Nationalpartei, kämpft heute für die Rückkehr zur völligen Unabhängigkeit - gut drei Jahrhunderte, nachdem England und Schottland am 22. Juli 1706 die Union beider Länder vereinbart haben.

Tudors gegen Stuarts

Seit dem Mittelalter versucht England in blutigen Unterwerfungskriegen, Schottland zu annektieren. Es ist ein verworrener Kampf um wirtschaftliche Hegemonie sowie um die Vorherrschaft von Dynastien und Religionen, ein Kampf der englisch-protestantischen Tudors gegen die schottisch-katholischen Stuarts. 1587 lässt Englands Königin Elisabeth I. gar ihre schottische Cousine und Thronrivalin Maria Stuart köpfen. Da Elisabeth, die "Virgin Queen", aber kinderlos stirbt, erbt Marias Sohn Jakob I. als erster König den Thron beider Länder. Frieden schließen die Nachbarn jedoch noch lange nicht, vor allem, weil England die Schotten vom Zugang zu seinen prosperierenden Kolonien ausschließt und wirtschaftlich isoliert.

Das Darien-Desaster

Nach 90 Jahren monarchischer Personalunion tritt Ende des 17. Jahrhunderts der schottische Finanzexperte William Paterson auf den Plan. Um Schottland zu stärken, eröffnet der schwerreiche Gründer der Bank von England eine schottische Handelsgesellschaft. Deren Ziel ist das sogenannte Darien-Projekt, die Begründung eines eigenen Handelsstützpunktes im heutigen Panama. Die Aussicht, an der Landverbindung zwischen Atlantik und Pazifik einen zentralen, höchst profitablen Knotenpunkt des Welthandels zu besitzen, lässt schottische Kaufleute und Großgrundbesitzer alles auf eine Karte setzen. Sie investieren rund ein Drittel des gesamten schottischen Volksvermögens in das riskante Unternehmen.

Nach nur vier Jahren endet das Darien-Projekt im totalen Desaster. Fehlplanungen, Krankheiten, Unwetter und Sabotageakte englischer Kolonisten bringen Patersons hochfliegende Pläne zu Fall. Rund 2.000 schottische Siedler haben dafür mit ihrem Leben bezahlt und ihrem Mutterland droht der Bankrott. Dem englischen Drängen auf eine Union kann sich Schottland nach diesem Aderlass nicht länger entziehen. Beide Länder treten in Verhandlungen ein, die im Juli 1706 zur Vereinbarung der Union führen. Diese tritt am 1. Mai 1707 in Kraft und macht Englands Königin Anne zur ersten Herrscherin des Vereinigten Königreichs Großbritannien.

Trouble unter dem Union Jack

Wirtschaftlich profitiert das ausgeblutete Schottland von der erzwungenen Union. Im expandierenden britischen Empire stehen den Schotten nun Märkte und Verwaltungspositionen offen, von denen sie zuvor rigoros ausgeschlossen waren. Kulturell aber begegnet England den keltischen Traditionen seines nördlichen Nachbarn dauerhaft mit Misstrauen und Unterdrückung. Edinburgh, einst eine der führenden Kulturmetropolen Europas, muss sich mit einem Nischendasein im Schatten Londons begnügen. Das stolze Nationalbewusstsein der Schotten jedoch kann die Union nicht auslöschen. Nach nun mehr als 300 Jahren im Zeichen des Union Jack, der britischen Nationalflagge, kämpfen heute fünf Millionen Schotten dafür, ihren neuen Ölreichtum nicht unter 55 Millionen Briten aufteilen zu müssen.

Stand: 22.07.2011

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