Die Stasi muss weg, eine neue Verfassung her, vor allem soll so bald wie möglich gewählt werden – und zwar frei. Die Forderungen der protestierenden DDR-Bürger in den turbulenten Wochen nach dem Mauerfall landen am 7. Dezember 1989 erstmals auf einem Verhandlungstisch: Im Ostberliner Dietrich-Bonhoeffer-Haus, in der Nähe des Friedrichstadtpalastes, treffen sich auf Einladung der Kirchen Vertreter von SED und Blockparteien mit Abgesandten der Oppositionsgruppen. "Die Teilnehmer des Runden Tisches treffen sich aus tiefer Sorge um unser in eine Krise geratenes Land, seine Eigenständigkeit und dauerhafte Entwicklung", heißt es in einer Erklärung. Doch zunächst gibt es Streit um die Geschäftsordnung, vor der Tür demonstrieren Gewerkschafter und Aktivistinnen des gerade gegründeten Frauenbundes: "Jugend, Frauen, Bauern rein, und ist der Tisch auch noch so klein …"
Die Runde wird schließlich erweitert. Elf Stunden lang dauert die erste Sitzung des Runden Tisches, der in Wirklichkeit rechteckig ist. Die SED vertreten Gregor Gysi und der Dresdner OB Wolfgang Berghofer, die verschiedenen Oppositionsgruppen unter anderem Wolfgang Schnur, Konrad Weiß, Ibrahim Böhme, Ulrike Poppe. Bei belegten Brötchen mit Gurken und Petersilie debattieren die Alt- und Neu-Politiker unter einem großen Adventsstern über die Zukunft der DDR. Am Ende einigen sie sich auf die Forderungen, das Amt für Nationale Sicherheit – Nachfolger der verhassten Stasi – aufzulösen und Wahlen für den 6. Mai 1990 anzusetzen. Außerdem will das Gremium eine neue Verfassung für die DDR.Das Modell Runder Tisch, aus Polen abgekupfert, wird zum Modemöbel in der DDR. In vielen Bezirken, Kreisen, Städten werden Runde Tische installiert, um die rasante Entwicklung in Ostdeutschland zu steuern. Der zentrale Runde Tisch in Ostberlin tritt am 12. März 1990 das letzte Mal zusammen – wenige Tage vor der Volkskammerwahl. Er hinterlässt einen Verfassungsentwurf, der nie gebraucht wird. Der große Verdienst des Runden Tisches: Mit seiner Hilfe gelingt der friedliche Übergang von der Diktatur zur Demokratie.
Stand: 07.12.04