Ganz zweifelsfrei sind die Familienverhältnisse des großen Onkels aus Amerika nicht mehr zu klären. Als sicher gilt jedoch: Uncle Sam, die bekannteste Symbolfigur der Vereinigten Staaten, beginnt seine Karriere als Fleischlieferant, heißt mit Nachnamen Wilson und ist ein Bruder des Weihnachtsmanns.
Wie Santa Claus, der pausbäckig-gemütliche US-Nikolaus, verdankt auch der hagere, in "Stars and Stripes" gekleidete Zylinderträger, seine Gestalt im Wesentlichen dem Zeichner Thomas Nast. Der aus der Pfalz eingewanderte Vater des politischen Cartoons in den USA bediente sich für seinen Uncle Sam bei einer Figur, die auf einen Fleischfabrikanten namens Wilson zurückgeht.
Ähnlichkeit mit dem ehrbaren Abe
1812, im zweiten Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten, liefert der geschäftstüchtige Samuel Wilson aus Troy, New York, Fässer mit Rindfleisch an die Front im Norden. Mit dem Kürzel "US" werden die Fässer als Vorräte der Regierung der United States gekennzeichnet. Wilsons Angestellte sollen gewitzelt haben, "US" sei vielmehr ein patriotischer Gruß ihres Arbeitgebers und stehe für "Uncle Sam". Der Legende nach findet diese Deutung der Abkürzung bald Eingang in den Militärjargon.
Literaten, Journalisten und vor allem Karikaturisten wie Thomas Nast greifen die plakative Personifizierung auf und prägen so landesweit Uncle Sams Image als Synonym für die US-Regierung. Während des Bürgerkriegs unterstützt Nast den Präsidenten mit seinen Cartoons und wird dafür von Abraham Lincoln zum "besten Rekrutierungsoffizier" ernannt. Seither ist eine Ähnlichkeit von Uncle Sam mit dem hageren "honest Abe", dem ehrbaren Abe, unverkennbar.
Zum bösen Onkel mutiert
1916 zieht Uncle Sam erneut in den Krieg. Vollends zur bekannten Figur des ziegenbärtigen, gestrengen Patrioten gereift, schickt ihn der Grafiker James M. Flagg als Rekruten-Anwerber an die Heimatfront. "I WANT YOU FOR U.S. ARMY" verkündet Onkel Amerika unmissverständlich mit eindringlichem Blick, den Zeigefinger wie einen Revolver auf den Betrachter gerichtet. Widerspruch scheint zwecklos. Die suggestive Kraft des Flagg-Plakats erhebt Uncle Sam in den Rang einer National-Ikone. Nicht nur alle Parteien, auch die Industrie macht sich nun seine Reputation zunutze. Für Tabak und Badeschaum wirbt der weißhaarige Spitzbart ebenso verkaufsfördernd wie für Arzneien gegen Verstopfung oder Achselschweiß.
Unter Präsident John F. Kennedy wird der Onkel für alle Fälle offiziell in den Rang einer Nationalallegorie der USA erhoben. Am 15. September 1961 verkündet der Senat den Beschluss, "dass der Kongress Uncle Sam Wilson aus Troy, New York, die Ehre bezeugt, Stammvater des Amerikanischen Nationalsymbols 'Uncle Sam' zu sein". Im nächsten Krieg mutiert Amerikas Ideal-Verkörperung dann allerdings zum bösen Onkel. Während des Vietnamkriegs macht Uncle Sam weltweit Karriere als Inkarnation des hässlichen, besitzergreifenden Amerikaners.
Stand: 15.09.2011
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